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Homepage: Jüdische Kantoren aus Weimar Ausbildung im Rahmen des Potsdamer Studiums
Nach Jerusalem gibt es jetzt auch in Weimar einen Lehrstuhl für Geschichte der jüdischen Musik. Schwerpunkt der neuen Professur an der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ ist die musikwissenschaftliche Ausbildung jüdischer Kantoren.
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Nach Jerusalem gibt es jetzt auch in Weimar einen Lehrstuhl für Geschichte der jüdischen Musik. Schwerpunkt der neuen Professur an der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ ist die musikwissenschaftliche Ausbildung jüdischer Kantoren. Die Weimarer Musikwissensschaftler und das Abraham-Geiger-Kolleg in Potsdam beschreiten damit Neuland. Der Rektor des Potsdamer Kollegs, Walter Homolka, nannte die Kooperation einen Quantensprung für die Entwicklung des jüdischen Lebens. Er erhoffe sich internationale Ausstrahlung auf höchstem Niveau. Der Lehrstuhl für Geschichte der jüdischen Musik in Weimar sei der erste seiner Art in Europa. In Los Angeles (USA) sei ein weiterer geplant.
Weimar bilde bereits evangelische und katholische Kirchenmusiker aus und biete mit seinen Forschungskapazitäten und den humanistischen Traditionen der Dichter Goethe und Herder beste Voraussetzungen, sagte Hochschulpräsident Christoph Stölzl. Potsdam übernehme die religionswissenschaftliche Ausbildung der Kantoren. Der Lehrstuhl wird geleitet von dem Musikwissenschaftler und Pianisten Jascha Nemtsov. Er ist bisher Mitglied des Instituts für jüdische Studien an der Uni Potsdam. Die Professur in Weimar wird im Rahmen des Zentrums für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg eingerichtet.Die Weimarer Kantorenausbildung ist Teil des 2011 neu gegründeten Zentrums, an dem auch die Potsdamer Uni beteiligt ist. Das Potsdamer Geiger-Kolleg kooperiert mit der „Franz Liszt“-Hochschule. Nemtsov werde daher auch weiterhin in Potsdam lehren, so das Kolleg.
Die Professur in Weimar schließe eine historisch begründete große Lücke im deutschen Hochschulwesen, die bis in das 19. Jahrhundert zurückreiche, sagte Stölzl. Jüdische Kunst und Kultur seien seit dem Mittelalter integraler Bestandteil deutscher und europäischer Kultur gewesen – und trotzdem seien jüdische Theologie und jüdische Musik bis heute an deutschen Hochschulen unterrepräsentiert. Mit der Einwanderung von rund 200 000 Juden aus dem Osten sei jüdisches Leben in Deutschland wieder selbstverständlicher geworden.
Es brachte aber auch neue Herausforderungen. Neben Rabbinern, die auch in Potsdam ausgebildet werden, sind Kantoren für Gottesdienste unerlässlich. Sie sind für die Liturgie und den Gesang verantwortlich, übernehmen in vielen Gemeinden aber auch Aufgaben der Rabbiner. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen oft musikalisch gebildete Laien den Kantorenpart, um überhaupt Gottesdienste zu ermöglichen. Jetzt gebe es erstmals eine wissenschaftlich fundierte Kantorenausbildung, sagte Homolka. Das Bundesbildungsministerium finanziert den Lehrstuhl zunächst fünf Jahre. Vom Sommersemester an werden in Weimar zehn Kantoren oder Kantorinnen ausgebildet. Antje Lauschner
Antje Lauschner
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