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Homepage: Jüdische Theologie auf dem Weg
Entscheidung über Fakultät an der Uni Potsdam im Juli. Ausbildung auch für konservative Rabbiner
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Die Institutionalisierung der Jüdischen Theologie an der Universität Potsdam steht vor dem Abschluss. Nach Informationen der PNN soll bis Juli über die Rechtsform für die geplante Verankerung der jüdischen Theologie an der Hochschule entschieden werden. Im Gespräch waren bisher eine eigenständige Fakultät oder eine Einrichtung mit fakultätsähnlichem Charakter. Eine eigene Fakultät für Jüdische Theologie wäre an einer deutschen Hochschule ein komplettes Novum. Nachdem der deutsch-jüdische Gelehrte Abraham Geiger eine solche Fakultät bereits 1836 gefordert hatte, bemühte sich der preußische Staat, dies zu verhindern. 140 Jahre später besteht nun die einmalige Chance, die damaligen Pläne in Brandenburg umzusetzen.
Dem nach Geiger benannten Abraham-Geiger-Kolleg kommt die Aufgabe zu, liberale Rabbiner an der neu zu gründenden Einrichtung in Potsdam auszubilden. Das Kolleg bildet bereits seit 2001 künftige Rabbiner für jüdische Gemeinden in ganz Europa aus. In den zurückliegenden Monaten hatte dessen Rektor Walter Homolka nach Uneinigkeiten mit dem Land Brandenburg gedroht, mit dem Geiger-Kolleg an die Universität Erlangen-Nürnberg oder nach Erfurt zu ziehen. Indes äußert sich Homolka zuversichtlicher zu den Plänen an der Universität Potsdam. In dieser Woche habe das Geiger-Kolleg zusammen mit der Universität den Landtagspräsidenten über die Fortschritte bei der Verankerung der jüdischen Theologie an der Universität Potsdam unterrichtet. „Der Landtagsbeschluss ,Rabbinerausbildung in Brandenburg stärken’ vom Februar 2012 hat eine gute Basis geboten, um nun in wenigen Wochen eine tragfähige Lösung vorstellen zu können“, hieß es von den Beteiligten. Alles hängt nun davon ab, ob das Wissenschaftsministerium drei Kernfachprofessuren finanziere. Von der Universität Potsdam hieß es dazu, dass sie die Mittel dafür nicht selbst aufbringen könne. Das Land habe aber in Aussicht gestellt, die Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Kooperation mit dem Geiger-Kolleg befürwortet die Uni. Die Verhandlungen seien bislang sehr konstruktiv und im Konsens verlaufen. Voraussichtlich Ende Juli würden den Gremien der Hochschule Vorschläge zur Struktur des neuen Studienfachs unterbreitet.
Das Umfeld der neu aufgestellten Jüdischen Studien hat in den vergangenen Wochen zunehmend Gestalt angenommen. Nach der Eröffnung des Berlin-Brandenburger Zentrums für Jüdische Studien in der Vorwoche (PNN berichteten), war am 3. Juni die erste jüdische Hochschulgemeinde Deutschlands in Potsdam gegründet worden. Bereits einen Tag später wurde ein Kooperationsvertrag des orthodoxen Hildesheimer-Seminars Berlin mit der Fachhochschule Erfurt verabschiedet. Dort soll ein B.A. in Jüdischer Sozialarbeit angeboten werden. Noch im Juni soll ein Kooperationsvertrag zwischen dem Abraham Geiger Kolleg und der Musikhochschule Weimar über die Professur Jüdische Musik für die Kantorenausbildung geschlossen werden. „Somit bekommt die Rabbiner- und die Kantorenausbildung in Deutschland ein Bein in Thüringen“, erklärte Homolka.
Am 20. Juni soll der nächste Schritt folgen: Der Zacharias Frankel Campus Europe der Ziegler School for Rabbinic Studies (American Jewish University Los Angeles) soll als einzige konservative Ausbildungsstätte für Rabbiner in Europa in Potsdam gegründet werden. „Die Ziegler School wird zusammen mit dem Abraham Geiger Kolleg die jüdisch-theologische Einrichtung mit Fakultätscharakter der Universität Potsdam nutzen“, so Homolka. Die Universität begrüßt das als Joint-Venture mit dem Geiger-Kolleg geplante Zentrum. Wichtig sei die angestrebte Vertiefung und Vielfalt in der Jüdischen Theologie. Die konkrete Form der Kooperation werde derzeit geprüft.
Homolka, der selbst Rabbiner ist, stellte klar, dass es bei den Plänen für die Universität Potsdam um Ergänzung von Judaistik und Jüdischer Theologie gehe „Es geht nicht um entweder oder“, sagte er den PNN. Rabbinerausbildung finde nach seinen Worten in Berlin, Brandenburg und Thüringen statt, nicht in Heidelberg. Was als Antwort auf Anmerkungen des Prorektors der traditionsreichen Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg, Johannes Heil, zu verstehen ist. Heil hatte zur Eröffnung des Zentrums für Jüdische Studien vor einer Einengung der Jüdischen Studien durch eine Theologisierung gewarnt, eine Befürchtung die es auch bei den Potsdamer Jüdischen Studien bereits gab. „Das neue Zentrum muss konsequent offen und ohne Reduktion auf eine wie auch immer verstandene Theologie wirken“, so Heil. Die Darstellung von Homolka, dass Heidelberg keine Rabbiner ausbilde, wies Heil zurück. Die HfJS Heidelberg sei eine Hochschule mit Universitätsrang in Trägerschaft des Zentralrats der Juden in Deutschland, die keine Strömungen für sich gewinnen müsse. Sie biete eine akademische Rahmenausbildung für den Gemeindedienst an, deren Absolventen dann an einem Rabbinerseminar ihre geistliche Ausbildung fortsetzen können. „Letztlich müssen die Gemeinden entscheiden, was sie wollen: Rabbiner, die auch akademisch umfassend ausgebildet sind oder solche, die lediglich ein Seminar besucht haben“, so Heil.
Ein gemeinsames Studium konservativer und liberaler Rabbiner und Kantoren in Potsdam sieht Homolka als Ausgangspunkt für „eine europäische Perspektive für die Renaissance jüdischen Lebens nach der Schoa“. Konservative Juden nehmen im Spektrum der jüdischen Richtungen eine Mittelposition ein. Auch eine orthodoxe Ausbildungsstätte für Rabbiner gibt es inzwischen in Berlin: das Hildesheimer-Seminar an der Talmudschule der Lauder-Stiftung, in der junge Männer nach den traditionellen jüdischen Lernmethoden lernen.
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