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Homepage: Jüdische Theologie wankt erneut
Universität Potsdam fordert finanzielle Planungssicherheit
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Das Vorhaben, die Jüdische Theologie an der Universität Potsdam zu verankern, ist wieder ins Wanken geraten. Die Universität befürchtet, mit Kosten von über einer Million Euro vom Land allein gelassen zu werden. Es sei damit zu rechnen, dass ohne eine verlässliche Finanzierung die Vorschläge zur Institutionalisierung der jüdischen Theologie in den Gremien der Universität keine Mehrheit finden, hatte der Präsident der Universität Potsdam, Oliver Günther, in einem Brief an die Abgeordneten des Brandenburger Landtags geschrieben. An der Uni soll eine Schule für jüdische Theologie innerhalb der Philosophischen Fakultät sowie ein interdisziplinäres Kolleg für religiöse Studien und jüdische Theologie entstehen, das dem Präsidenten der Universität zugeordnet ist.
Das Tauziehen um die universitäre Ausbildung der Rabbiner währt nun bereits über ein Jahr. Das Abraham Geiger Kolleg, das bereits Rabbiner in Potsdam ausbildet, hatte im Herbst 2011 die rot-rote Landesregierung in Brandenburg gedrängt, eine jüdisch-theologische Ausbildung an der Uni Potsdam einzurichten. Zugleich hatte man mit Thüringen und Bayern darüber verhandelt. Hintergrund der neuerlichen Auseinandersetzung ist, dass das Bundesforschungsministerium Professuren für den theologischen Studiengang an der Uni Potsdam nur im Anschub finanzieren wird. Im Anschluss müsste die Uni Potsdam die Mittel alleine aufbringen. Günther nennt Kosten in Höhe von 1,125 Millionen Euro, die die Uni nicht selbst bestreiten könne. Die Frage ist nun, inwieweit das Land zusätzliche Mittel für eine dauerhafte Finanzierung zur Verfügung stellen kann.
„Eine Bewertung des Bedarfs ist erst anhand eines Konzeptes für die geplanten Studienangebote möglich“, sagte ein Sprecher des Wissenschaftsministeriums auf Anfrage der PNN. Ein solches Konzept, an dem sich beispielsweise Curricula ablesen ließen, liege noch nicht vor. Die Professur für Biblische Exegese werde bis mindestens 2017 vom Bundesforschungsministerium gefördert, so das Ministerium. Im Anschluss sei die weitere Finanzierung durch das Land vorgesehen.
Insgesamt geht es um fünf Kernfächer, die abzudecken sind. Zum Teil sind dafür bereits Lehrstühle an der Universität vorhanden, drei zusätzliche Professuren, die das Land Brandenburg zum Teil finanzieren müsste, stehen laut Uni noch aus. Dass nun das Ministerium nach dem Curriculum fragt, sorgt im Planungsstab des neuen Fachs für einige Verwunderung. Eine Studienordnung könne noch gar nicht stehen, da es den Studiengang noch nicht gibt. Hinzu komme, dass es verfassungsrechtlich dem Ministerium gar nicht obliege zu entscheiden, welche Fächer unterrichtet werden, denn das entscheiden die Religionsgemeinschaften selbst.
„Wir befinden uns in der Schlussrunde eines langwierigen Prozesses, der ausdrücklich vom Willen Brandenburgs getragen ist, die Jüdische Theologie zu institutionalisieren und damit gleichzustellen“, sagte der Rektor des Abraham Geiger Kollegs, Walter Homolka, den PNN. Er erinnerte daran, dass der Landtag der Wissenschaftsministerin im Februar 2012 durch Beschluss den Auftrag erteilt habe, die Jüdische Theologie in Brandenburg zu stärken. „Der Kanon der Kernfächer ist durch die Empfehlungen des Wissenschaftsrats vom Januar 2010 vorgegeben und steht verfassungsrechtlich in der Definitionshoheit der Religionsgemeinschaft“, erklärte Homolka. Es gehe um die Gleichberechtigung des Judentums mit den christlichen Kirchen und dem Islam, wie sie der Wissenschaftsrat gefordert hatte. Die Anschubfinanzierung des Bundes stehe seit Monaten bereit, könne aber erst abgerufen werden, wenn Brandenburg das Seine dazugibt. „Andernfalls bräche auch die Beteiligung des Landes am Zentrum Jüdische Studien Berlin-Brandenburg in wesentlichen Bestandteilen zusammen“, sagte Homolka.
Die Universität Potsdam hat mittlerweile eine Struktur zur Beschlussreife ausgearbeitet. Die Hochschulstrukturkommission für Brandenburg hat in ihrem Bericht grünes Licht gegeben, was Struktur und den Mehrbedarf anbelangt. „Deshalb muss dieser Mehrbedarf jetzt auch im Haushalt aufscheinen“, sagte Homolka. Maßnahmen dazu sind seinen Informationen nach von der Regierungskoalition eingeleitet worden. „Ich habe Zutrauen, dass die Ministerin diesen schwierigen Prozess jetzt auch zu einem guten Abschluss bringen wird“, so Homolka.
Die Zeit drängt. Im Oktober tagen die Gremien der Universität, die über das Vorhaben entscheiden. Bis dahin müsste das Land eine klare Finanzierungszusage gemacht haben. Jan Kixmüller
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