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IHK Potsdam: Justiz übernimmt die Aufklärung

Die Staatsanwaltschaft sieht einen begründeten Anfangsverdacht auf Untreue gegen Ex-IHK-Präsident Stimming

Einen Monat nach seinem Rücktritt hat die Staatsanwaltschaft nun offiziell ein Ermittlungsverfahren gegen den früheren Präsidenten der Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam, Victor Stimming, aufgenommen. Damit besteht nach Ansicht der Anklagebehörde zumindest ein begründeter Anfangsverdacht auf Untreue, der im Zuge der Ermittlungen weiter geprüft wird und – falls er sich für die Staatsanwaltschaft erhärtet – in einer Anklage münden kann. Und die Aufklärung der Affäre um Vetternwirtschaft bei den Industrie- und Handelskammern im Land Brandenburg und der einmaligen Sonderbehandlung des ehrenamtlichen Präsidenten bleibt nicht allein der IHK Potsdam selbst mit Hilfe von externen Wirtschaftsprüfern überlassen – sondern das Finanzgebahren der Kammer und ihres Ex-Präsidenten sind von nun an ein Fall für die Strafjustiz.

Seit Monaten hatte es in der größten Kammer Brandenburgs gebrodelt. Am Ende war die interne Kritik so stark, dass es Stimming nicht mehr wie in den Jahren zuvor gelang, den Deckel draufzuhalten.

Zu welchen Vorwürfen genau die Staatsanwaltschaft Potsdam nun ermittelt, wollte die Sprecherin der Behörde am Montag nicht sagen und verwies auf ermittlungstaktische Gründe. Nach PNN-Informationen aus Justizkreisen soll es aber um genau jene Enthüllungen dieser Zeitung gehen, die den 62-Jährigen, der in der Politik bestens vernetzt war und mit gut dotierten Aufträgen der öffentlichen Hand, aber auch von namhaften Firmen versorgt war, Ende November schließlich zu Fall brachten.

Ob die Staatsanwaltschaft auch gegen René Kohl, der Mitte Dezember wegen Verstößen gegen Präsidiumsbeschlüsse als Hauptgeschäftsführer suspendiert wurde, Ermittlungen aufnehmen wird, ist noch unklar – aber nicht unwahrscheinlich. Kohl soll als Adlatus die umstrittenen Privilegien Stimmings, die sonst kein anderer der ehrenamtlichen Kammerpräsidenten in Brandenburg genoss, abgesegnet und durchgesetzt haben.

Die Rechnungsprüfer der IHK waren bereits im November fest davon ausgegangen, das einige von den PNN aufgedeckte Details aus Stimmings seit 1995 währender Regentschaft strafrechtlich relevant sein könnten. Etwa dass eine von der IHK für Stimmungs Amtsgeschäfte als Kammerpräsident finanzierte Sekretärin in seiner Baufirma HIB in Brandenburg an der Havel als Personalreferentin arbeitete. Oder dass bei der Sanierung der Potsdamer Villa Carlshagen zum Sitz einer neuen IHK-Stiftung eine Firma der Stimming-Familie in diesem Jahr für die Projektsteuerung 40 000 Euro kassierte. Bereits am Bau des IHK-Gebäudes in der Potsdamer Innenstadt vor einigen Jahren war die Firma des Stimming-Sohnes beteiligt. Zudem war dem Präsidenten selbst danach für seinen Einsatz ein Honorar über 31 000 Euro gezahlt worden. Beides wäre, sollte es strafrechtlich relevant sein, aber bereits verjährt.

Hinzu kommen die auf Eis gelegten Pläne, Stimming eine üppige Altersversorgung zu verschaffen. Das Kammerpräsidium hatte 2012 bei einer Tagung in Malta eine IHK-finanzierte Pension für den ehrenamtlich Präsidenten beschlossen. Nach PNN-Informationen waren dafür bereits Rückstellungen in Höhe von einer halben Million Euro im IHK-Etat geschaffen worden – aus Pflichtbeiträgen der 77 000 Mitgliedsunternehmen. Obendrein kommen ein teurer Dienstwagen und eine jährliche Aufwandsentschädigung über 30 000 Euro.

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