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Landeshauptstadt: Kampf gegen den Krankenstand

Was können Potsdamer Kitas tun, um personelle Engpässe zu überbrücken?

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„Farbenspiel“, so heißt die vierte Potsdamer Kindertagesstätte der Kinderwelt GmbH, die am Freitag in Bornstedt eröffnet wurde. Künftig sollen hier 120 Kinder betreut werden, nach dem gesetzlichen Betreuungsschlüssel. Dass dieser in der Praxis oft nicht eingehalten werden kann, zeigte vor zwei Wochen eine Studie der Bertelsmann-Stiftung aus dem Jahr 2011: Laut Gesetz soll bei Kindern unter drei Jahren ein Verhältnis von eins zu sechs gelten, laut der Studie müssen viele Potsdamer Erzieher jedoch durchschnittlich 7,2 Kinder betreuen.

Kritisch wird die Lage, wenn Mitarbeiter wegen Krankheit ausfallen. Genau für solche Fälle hatte die Gemeinde Nuthetal kürzlich einen Helferpool aus Studenten und Rentnern geschaffen, aus denen die örtlichen Kitas kurzfristige Aushilfen rekrutieren können (PNN berichteten). Die Initiative war vom brandenburgischen Bildungsministerium begrüßt worden. Doch wie geht man in Potsdam mit Mitarbeiter-Engpässen in Kitas um? Eine Initiative wie in Nuthetal gibt es in der Landeshauptstadt nicht, schon allein deshalb, weil die Potsdamer Kitas anders als in Nuthetal alle in freier Trägerschaft sind. „Die Stadt Potsdam plant die Umsetzung eines solchen Modells nicht“, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow auf Anfrage. Die Träger müssen also selber tätig werden.

Die Fröbel Potsdam gGmbH, die in Potsdam Träger von neun Kitas und Horten ist, tut das bereits und holt sich Hilfe von außen: „Da es auch in unserem Unternehmen, insbesondere in den Wintermonaten, häufiger krankheitsbedingte Ausfälle gibt, haben wir bereits in der Vergangenheit nach Lösungsmöglichkeiten, ähnlich wie der Nuthetaler Initiative, gesucht“, sagte Fröbel-Geschäftsführerin Dagmar Kürschner. „Wir arbeiten eng mit Fachschulen und Ausbildungsträgern zusammen und gewinnen ehemalige Erzieherinnen mit einer Fachausbildung für eine stundenweise Aushilfstätigkeit im Krankheitsfall.“ Auf drei solche Aushilfen kann Fröbel in Potsdam zugreifen.

Seit 2012 versucht Fröbel zudem mit der Kampagne „Wer hat Zeit zu verschenken?“ verstärkt Ehrenamtler zur Ergänzung der Freizeitangebote in den Kitas zu gewinnen: So gibt es zum Beispiel einen Opa, der eine Fahrradwerkstatt betreut, eine Oma, die das „Nähstübchen“ öffnet, mit den Kindern kocht und bäckt und Studenten, die mit Kindern Theater spielen. „Ehrenamtler können und sollen aber niemals eine pädagogische Fachkraft ersetzen“, betonte Kürschner. Die Ehrenamtler dürfen nichts alleine tun, ein Erzieher muss immer in Sichtweite sein. Doch wenn zum Beispiel eine Oma eine Märchenstunde mache, sagte Kürschner, dann sei dies bereits eine kurzfristige Entlastung für die Erzieher, da die zu betreuende Kindergruppe dann kleiner sei.

Die Kinderwelt GmbH versucht vor allem, es gar nicht erst zu großen Mitarbeiterausfällen durch Krankheit kommen zu lassen: „Wir stellen bevorzugt Mitarbeiter in Teilzeit ein, also mit 20 bis 35 Stunden pro Woche“, sagte Kinderwelt-Geschäftsführer Gerald Siegert. Dies habe den Vorteil, dass Engpässe bei krankheitsbedingten Ausfällen flexibler gemanagt werden könnten, so Siegert. Außerdem sei Teilzeit-Arbeit schonender, was Krankheiten vorbeuge. Ein ähnliches Ziel verfolgt auch die Gesundheitsvorsorge, welche die Kinderwelt GmbH seinen Mitarbeitern etwa in Form von Hochschulsport-Angeboten ermöglicht. „Zudem achten wir auf eine gute Mischung aus älteren und jüngeren Mitarbeitern“, sagte Siegert. Bislang scheint das Konzept aufzugehen: „Derzeit haben wir nur ein bis zwei Prozent Krankenstand in unseren Kitas“, sagt Siegert.

Auch bei der Arbeiterwohlfahrt Potsdam (AWO), die Träger von 19 Kitas ist, hat man von dem Nuthetaler Kita-Helferpool gehört. „Die Initiative zeigt den Bedarf und daher ist sie sehr wichtig“, sagte AWO-Geschäftsführerin Angela Basekow, weist aber gleichzeitig darauf hin, dass sich die Beschäftigung von Kita-Aushilfen in einer rechtlichen Grauzone befinde: „In der Kita-Personalverordnung sind keinerlei Hilfs- und Unterstützungsarbeiten benannt. Das bedeutet, dass weder eine gesetzliche Grundlage noch eine Finanzierung dafür vorgesehen sind.“

Basekow fordert daher dringend eine Überarbeitung des derzeitigen Kita-Gesetzes: Man benötige Unterstützer und Erzieher mit Hochschulabschluss sowie ausgebildetes Personal für die Inklusion und Elternarbeit, also Teams aus festen Mitarbeitern und gut ausgebildeten Helfern. „Die Lösung wären multiprofessionelle Teams, welche in den Gesetzen verankert und finanziert werden“, so Basekow.

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