Landeshauptstadt: Kampf um die Würde des Menschen
2000 Teilnehmer bei 1. Mai-Kundgebung fordern Mindestlohn / „Rente mit 67“ kritisiert
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Innenstadt - Die traditionelle 1. Mai-Demonstration hat in diesem Jahr wieder mehr Zuspruch gefunden als in der Vergangenheit. Etwa 300 Teilnehmer, so die Polizeizahlen, marschierten gestern Vormittag vom Platz der Einheit zum Luisenplatz. Die Veranstalter vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) sprachen gar von 800 Demonstranten. Auf dem Luisenplatz fand nach den Ansprachen von Gewerkschaftsfunktionären ein Familienfest statt, organisiert von SPD, Linkspartei.PDS, Bündnis 90/Die Grünen und dem DGB.
Unter den Demonstrationsteilnehmern fanden sich neben Vertretern von Gewerkschaften, Parteien und Organisationen erstmals auch mehrere linke Jugendliche, die zum Widerstand gegen Reformen aufriefen. Mit dem Slogan „Französisch lernen“ forderten sie, sich ebenso wie in Frankreich mit Straßenprotesten gegen soziale Kürzungen zu wehren.
Die Gewerkschaften hatten bundesweit unter dem Motto „Deine Würde ist unser Maßstab“ für die Maikundgebungen geworben. Dabei forderten sie eine gerechte Entlohnung, die Einführung eines Mindestlohnes, die Beibehaltung sozialer Absicherung und eine hochwertige Ausbildung.
Auf der Kundgebung auf dem Luisenplatz kritisierte ver.di-Bezirksgeschäftsführer Jürgen Stahl vor rund 2000 Zuschauern scharf die Unternehmen. Trotz Rekordgewinnen gebe es Entlassungen, erklärte Stahl. Begrüßt wurde der erst kürzlich getroffene Tarifabschluss der IG Metall, gleichzeitig sendete Stahl Solidarisierungsgrüße zu den in Tarifverhandlungen stehenden Angestellten des öffentlichen Dienstes, der Deutschen Post und der Telekom.
Stahl ging zudem auch die Hauptgeschäftsführerin des Unternehmerverbands mittelständische Wirtschaft, Ursula Frerichs, an. Diese hatte erst kürzlich gefordert, den 1. Mai als Feiertag abzuschaffen. „Wir lassen uns den 1. Mai als Tag der Arbeit nicht kaputt reden. Er ist und bleibt Feiertag.“ Kritisiert wurde vom Bezirksgeschäftsführer zudem die fehlende betriebliche Ausbildung für Jugendliche. Nicht einmal mehr die Hälfte eines Bewerberjahrgangs mache eine klassische Ausbildung in Betrieben, sondern würden in staatlichen Alternativangeboten untergebracht. „Das ist die Bankrott-Erklärung des dualen Systems“, schlussfolgerte Stahl.
Die stellvertretende DGB-Bezirksvorsitzende Doro Zinke wehrte sich in ihrer Rede gegen die Einführung der Rente mit 67 Jahren, wie es ein Beschluss der Bundesregierung vorsieht. In Berlin agiere eine „große Koalition der übelsten Art“, so Zinke – die der Unternehmen und der Politik. Die Anhebung des Renteneintrittsalters sei nichts weiter als eine „versteckte Rentenkürzung“, erklärte Zinke.
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