
© Andreas Klaer
Von Hella Dittfeld: Kantige Kartoffeln für Königin Luises Tafel
Oberlinhaus richtete die 10. Jugendmeisterschaften der Beiköche und Helfer im Gastgewerbe aus
Stand:
Babelsberg – Alexander Bartusch (21) ist aufgeregt. Das Dessert für die festlich eingedeckte Tafel soll ein apartes Sahnehäubchen bekommen. Für Suppe und Hauptgang hat er die Vorbereitungen schon abgeschlossen. Alexander gehört zu den 18 Teilnehmern der 10. Brandenburger Jugendmeisterschaft der Beiköche und Helfer im Gastgewerbe, die am Samstag in den Räumen des Berufsbildungswerkes der Oberlinhaus gGmbH ausgetragen wurde. Er habe eine Weile gebraucht, um sich für diesen Beruf zu entscheiden, sagt der junge Mann, aber nun sei es für ihn eine Ehre, dass er am Wettbewerb teilnehmen darf. Alexander leidet an ADS (Aufmerksamkeit Defizit Syndrom). Beim Kochen ist ihm jedoch davon nichts anzumerken. Er arbeitet konzentriert. Nach drei Jahren erfolgreicher Lehrausbildung ist er Beikoch, kann aber noch aufsatteln und in einer zweijährigen Lehrzeit seinen Koch-Facharbeiter machen.
Den Köchen stehen bei den Meisterschaften die Helfer im Gastgewerbe zur Seite. Von denen ist eine der Besten den Weg schon weitergegangen. Anneke Grieser (23), die ebenfalls zur Mannschaft des Oberlinhauses gehört, macht bereits ihre Ausbildung als Servierkraft mit bundesweit anerkanntem Abschluss. Sie führt uns stolz zur Tafel mit dem roten Damasttischtuch. Beim Tafelsilber hat Königin Luise mit ihrem Hochzeitsgeschirr Pate gestanden. In diesem Jahr hieß das Thema für die Tischgestaltung „Schlösser und Gärten in Brandenburg“. Dazu hatten sich die Azubis zusammen mit ihren Ausbildern eine Menge einfallen lassen – von der Anleihe beim Rosengarten mit durch Gartentüren verschlossenen Speisekarten oder der Stippvisite bei Fürst Pückler. Gekocht wurde ein drei Gänge Menü und da war die Aufgabe für alle gleich: Rote-Beete-Süppchen, Putenbrust gefüllt mit Aprikosen und Wirsing, dazu geformte Kartoffeln. Alexander gab seiner Beilage eine kantige Form und achtete darauf, dass sie beim Kochen nicht verloren geht. Zuletzt wurde Moccacreme mit Sahnehäubchen serviert.
Für die sehr unterschiedlich behinderten Jugendlichen ist die Ausbildung durch Bildungsträger wie Oberlinhaus, Internationaler Bund und andere Berufsbildungswerke eine große Chance. „Wir sind hier wie eine große Familie“, sagt Nicole Peschel (22). Sie hat als Zweitplatzierte bei den 8. Jugendmeisterschaften bereits zusätzlich ihren Facharbeiter gemacht. Für die Teilnehmer der 10. Meisterschaft organisierte sie in alter Verbundenheit den Sektempfang. Auch Berufsschullehrer Mario Melzer betont das große ehrenamtliche Engagement und die familiäre Atmosphäre. „Vorhin“, sagt er, „gab es vor lauter Aufregung Tränen. Da wird der Prüfling durch seinen Ausbilder schnell mal in den Arm genommen, damit er sich wieder sicher fühlt.“ Auch Peter Schneider, der als Mitarbeiter der Industrie- und Handelskammer bis 2005 die Wettbewerbe organisierte, ist als Rentner noch mit dabei und steht seinem Nachfolger Mario Lindemann zur Seite. Die Kammer hat für die benachteiligten Jugendlichen die Berufsbilder erarbeitet und sie stellt auch die Zertifikate nach erfolgreichem Berufsabschluss aus. Die Beiköche und Helfer im Service können dann in Hotels, Großküchen und Betriebseinrichtungen eingesetzt werden. Nicole Peschel hat es sogar zeitweilig bis ins Hilton-Hotel geschafft.
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