Von Jan Kixmüller: Katastrophale Folgen
Der erfolgreiche Forschungsverbund „Progress“ an der Universität will Georisiken besser überwachen und kommunizieren
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Erdbeben, Hochwasser oder etwa Dürreperioden durch den Klimawandel – die Folgen von Naturkatastrophen zeigen in einer enger zusammenrückenden Welt auch zunehmend globale Auswirkungen. Die Wissenschaft aber kann mit neuen, satellitengestützten Technologien weltweit sensible Regionen immer besser überwachen. Das am Potsdamer GeoForschungsZentrum (GFZ) entwickelte Tsunami-Frühwarnsystem ist das beste Beispiel dafür. Doch wenn man einerseits dieses Monitoring verfeinert, muss andrerseits auch gewährleistet sein, dass die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft mit dieser Expertise der Wissenschaft auch etwas Vernünftiges anfangen kann.
Dazu haben Potsdamer Wissenschaftler unter Leitung von Prof. Manfred Strecker an der Universität Potsdam nun ein Forschungscluster ins Leben gerufen, dass beides leisten soll, sowohl die naturwissenschaftliche Seite als auch die sozialwissenschaftlichen Aspekte zu bedienen. Dafür erhielt das „Progress“ benannte Verbundprojekt mit zahlreichen Potsdamer und brandenburgischen Forschungseinrichtungen an diesem Montag die Zusage für eine zweistellige Millionen-Förderung durch den Bund (PNN berichteten).
Ein Beispiel für die Arbeit des auf fünf Jahre ausgelegten Forschungsverbundes: Die Ursachen des Elbhochwassers von 2002 konnten Potsdamer Geo- und Klimaforscher sehr genau rekonstruieren. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen nun helfen, ähnliche Entwicklungen zukünftig schneller vorherzusagen und die Entscheidungsträger darauf vorzubereiten. Hier setzt das Cluster mit seiner Vernetzung an, die Politikberatung soll profiliert werden, die Kooperationen gehen sogar bis zur Potsdamer Filmhochschule, mit deren Hilfe die verschiedenen Themen visualisiert werden sollen.
„Ein entscheidender Pluspunkt des Antrags ist die interdisziplinäre Ausrichtung und Verbindung von Geowissenschaften und Politikwissenschaften und damit die direkte Umsetzung in konkrete Politikberatung“, erklärte die Präsidentin der Universität Potsdam, Sabine Kunst. „Progress“ steht für „Potsdam Research Cluster for Georisk Analysis, Environmental Change and Sustainability“ (Potsdamer Forschungs- und Technologieverbund zu Naturgefahren, Klimawandel und Nachhaltigkeit). Das Cluster sucht nicht nur die Verbindung zu Sozialwissenschaftlern und Filmschaffenden. Auch will man die Zusammenarbeit mit der Industrie stärken. Hiesige Firmen der Geoinformationstechnik sind in den Verbund integriert. Andererseits sollen mit neuen Technologien und Methoden Naturgefahren wie Erdbeben, Überschwemmungen oder Tsunamis schneller zu erkennen und besser einzuschätzen sein.
Die schnelle Auflösung der physikalischen Charakteristika starker Erdbeben, wie sie die Potsdamer Geophysiker mit neuartigen Methoden erforschen, lässt Rückschlüsse auf mögliche Nachbeben und zu erwartende Folgeschäden zu. In der Kommunikation mit der Gesellschaft wiederum sollten sich dann auch Fragen wie etwa Umsiedlung aus Hochrisikogebieten klären lassen, so der Projektkoordinator Dr. Andreas Bergner von der Universität. Ziel ist es, den Verantwortlichen in den betroffenen Gebieten zu helfen, rechtzeitig die geeigneten Vorkehrungen zu treffen. In Indien sind die Projektpartner bereits aktiv. Hier sind durch rasch abfließende Gletscherwasser aus dem Himalaya mittlerweile ganze Täler gefährdet, zugeschüttet zu werden. Das Wasser der abtauenden Gletscher trägt viel Sedimentmaterial mit sich, bedroht sind dadurch auch die für Indiens Stromversorgung notwendigen Kraftwerke.
Den Progress-Antrag unter der Federführung der Universität Potsdam haben das Deutsches GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ), das Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) sowie das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) gestellt. Das Thema hat nach Worten seiner Initiatoren wachsende Bedeutung, da Geo- und Klimarisiken vor dem Hintergrund knapper werdender Ressourcen und intensiverer Siedlungstätigkeit in tektonisch aktiven Gebieten und klimatischen Schwellenregionen stark anwachsen. Diese komplexe Problematik erfordere die neue Form der Verbindung naturwissenschaftlicher und sozialwissenschaftlicher Forschung. Am Standort Potsdam kommt diesem Ziel gerade auch die gute Vernetzung der Universität mit den außeruniversitären Forschungseinrichtungen zugute. Die Unileitung wertet den Erfolg des Forschungsvorhabens „Progress“ dann auch als eine Bestätigung für das neue Forschungsnetzwerk „pearls“, das die Uni mit 20 außeruniversitären Partnerinstituten Anfang dieses Jahres ins Leben gerufen hat.
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