Landeshauptstadt: Kein Blutfleck an der Wand
Über das Wappentier im Plenarsaal des neuen Landtags gibt es Streit. Denn der Adler ist nicht rot
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Innenstadt - Ist das Geschmackssache? Oder geht es um Grundsätzliches, um Hoheitszeichen mit Verfassungsfragen? Nach all den Auseinandersetzungen um das Aussehen des neuen Landtagsschlosses, um historische Treppenaufgänge und andere Details, regt sich nun Kritik am Adler, der nun im Plenarsaal hängt. Brandenburgs Wappentier ist bekanntermaßen rot. In der Landesverfassung heißt es in Artikel vier: „Das Landeswappen ist der rote märkische Adler auf weißem Feld.“ Doch die Landtagsabgeordneten werden bei ihrer ersten Sitzung, die nach dem aktuellen Fahrplan am 22. Januar stattfindet, auf einen 100 Kilogramm schweren, 1,80 Meter großen, weißen Adler blicken. Für manche ist das unerträglich.
Für Henryk Wichmann von der CDU zum Beispiel. Für ihn hört bei der Farbwahl die Kunstfreiheit auf. Tatsächlich wollte Architekt Peter Kulka den Adler weiß haben. Der gesamt Saal ist weiß gehalten, die Stuhlbezüge sind rot. Ein roter Adler sähe aus wie ein riesiger Blutfleck an der Wand, soll Kulka in interner Runde gesagt haben. Der Adler als heroisches Wappentier sollte eher zurückhaltend modern und hell erscheinen und nicht als ein Hoheitszeichen verstanden werden. Die Kunst- und Gestaltungskommission folgte dem Architekten. Das Landtagspräsidium stimmte dem Votum zu. Dabei hätte selbst Landtagspräsident Gunter Fritsch lieber einen roten Alder gehabt.
Zahlreiche Bürger haben sich bei Fritsch auch beschwert, von Fassungslosigkeit, Bestürzung, Verfassungsbruch ist in den Zuschriften die Rede, mit Klage vor dem Landesverfassungsgericht wird gedroht. Es gab sogar den Hinweis, dass der weiße Adler das hoheitliche Wappentier der polnischen Nachbarn sei.
Auch Wichmann gibt sich mit der Festlegung auf Weiß nicht zufrieden. Er regt sogar bissig an, der Metallvogel hätte einfach nicht lackiert werden sollen und vor sich hinrosten, dann wäre er irgendwann auch rot geworden. Jetzt unterstützt Wichmann eine Online-Petition, 260 von 1000 nötigen Unterstützern haben sie schon unterzeichnet. 93 Tage sind noch Zeit. „Der Landtag möge feststellen, dass der Märkische Adler im zukünftigen Plenarsaal des Brandenburger Landtages ein Abbild des Wappentieres gemäß Artikel 4 der Verfassung des Landes Brandenburgs ist und somit auch entsprechend dieses Artikels zu gestalten ist“, heißt es in der Petition. Die Unterzeichner legen Wert darauf, dass sich gerade im Plenarsaal des Landtages „die verfassungsmäßige Ordnung auch in ihren Symbolen im besonderen Maße wiederfinden muss“. Der Landtag sei der Ort, an dem sich der Bürgerwille in Form der Arbeit der Abgeordneten widerspiegeln sollte. „Wir, die Wähler, gaben uns unsere Verfassung und in dieser ist festgehalten, wie unser Adler auszusehen hat.“ Nicht die Kunst- und Gestaltungskommission sei zuständig für die Gestaltung von Hoheitszeichen.
Immerhin muss der Adler nicht rot bleiben. Das räumt auch Landtagspräsident Fritsch ein. Wenn das Parlamentsschloss erst einmal offiziell übergeben ist, können die Abgeordneten die Farbe auch ändern. Allerdings – so schlimm ist der weiße Adler vielleicht doch nicht. Als am vergangenen Freitag 190 Polizeischüler, 50 Mitarbeiter des Landtages und 20 aus dem Finanzministerium den Plenarsaal, die Akustik und Tontechnik getestet haben, war die Aufregung weniger groß. „Der weiße Adler kam gut an“, hieß es aus dem Landtag. Ein roter Adler wäre vielleicht doch zu aufdringlich. Der weiße Adler erscheine durch den leichten Schattenwurf sogar elegant.
Noch hat der Baukonzern BAM AG einige Restarbeiten zu erledigen, die Abnahme läuft noch. Das Unternehmen will den Landtag in den nächsten Tagen offiziell an die Landtagsverwaltung übergeben. Dann folgt der Probebetrieb, vom 12. bis 17. Dezember wird umgezogen. Am 21. Januar 2014 steht die offizielle Eröffnung auf dem Terminplan. Bereits am 18. und 19. Januar 2014 können sich Bürger bei einem Eröffnungswochenende das neue Landtagsschloss ansehen.
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