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Landeshauptstadt: „Kein Gefühl von Neid“

Felix Geisler hat das beste Abitur Brandenburgs – seine Freunde nehmen es ihm nicht übel / Bald studiert er in Potsdam

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Die einzige Vier, die Felix Geisler je auf seinem Zeugnis gesehen hat, stand hinter dem Wort „Sport“. Seit der heute 20-Jährige das erste Mal Schulnoten bekam, hat er in allen anderen Fächern immer die höchste Punktzahl bekommen – da ist es nur konsequent, dass er in diesem Sommer sein Abitur am Neuruppiner Schinkelgymnasium mit 840 von 840 möglichen Punkten abgelegt hat: ein Durchschnitt, der rechnerisch noch unter der Bestnote 1,0 liegt.

Mit diesem Abschluss stehen für Felix Geisler die Türen jeglicher Universitäten offen, doch weit in die Ferne zieht es ihn nicht: Ab Herbst wird er an der Universität Potsdam Physik studieren. Das Fach, das für viele Mitschüler der Alptraum schlechthin war, hat Felix schon früh begeistert: „Irgendwann in den Sommerferien habe ich ein Buch über die Relativitätstheorie gelesen, das hat mich sofort interessiert“, erzählt er.

In der achten Klasse nahm er dann zum ersten Mal an der Landes-Physik-Olympiade teil, einem brandenburgweiten Schülerwettbewerb. „Von da an war mein Weg eigentlich vorgezeichnet.“ Auch bei bundesweiten Wettbewerben stellte Felix sein Können und vor allem sein Wissen unter Beweis. Dabei ging es keineswegs nur um fade Theorie, die Schüler mussten auch Aufgaben lösen, die mit alltäglichen Phänomenen zu tun hatten: Die Oberflächenspannung einer Seifenblase zu messen gehörte ebenso dazu wie den Trägheitsmoment eines Besenstiels zu bestimmen.

Während die Koryphäe der Gravitationsphysik, Albert Einstein, zwar ein Genie auf seinem Gebiet war, in den anderen Schulfächern jedoch nur mäßig abschnitt, hat Felix auch mit Sprachen kein Problem: Neben seinen Leistungskursen Mathematik und Informatik wurde er während des Abiturs in Englisch und Wirtschaftswissenschaft geprüft und erzielte in allen Fächern 15 Punkte. Ein Leistungskurs in seinem Lieblingsfach kam nicht zustande – zu wenig Mitschüler wählten Physik. Doch durch die Wettbewerbe konnte Felix seinem Spezialgebiet auch in der Freizeit nachgehen. Ähnlich standen die Dinge in Mathematik: Seit der achten Klasse ist Felix in der Mathe-AG – als einziges Mitglied. Bis zum Abitur traf er sich jede Woche mit der betreuenden Lehrerin und erörterte mit ihr mathematische Fragestellungen. „Zuletzt waren es partielle Differentialgleichungen“, erzählt Felix. „Da haben wir uns gegenseitig geholfen, mal hat meine Lehrerin eine Idee gehabt, mal habe ich die Lösung gewusst“. Dass er den Stoff im normalen Matheunterricht dann schon längst beherrschte, hat Felix wenig gestört: „Ich habe dann einfach den anderen geholfen und auch mal einen Teil der Stunde übernommen“, erzählt er. Neidisch auf seine guten Leistungen seien seine Mitschüler deshalb kaum gewesen: „Es war ja auch für sie ein Vorteil, wenn ich es ihnen erklären konnte. Da gab es eigentlich kein Gefühl von Neid“.

Doch Felix Leben dreht sich nicht nur um den Unterricht: Während des letzten Schuljahres war er mit im Organisationsteam des Abschlussballs und hat dort mit seinen Mitschülern das Fest vorbereitet. „Außerdem habe ich noch ein anderes Hobby“, so Felix. „Mein Herbarium. Darin habe ich seit der Grundschule fast 200 verschiedene Pflanzen gesammelt“. Für seine guten Noten, sagt er, musste er nie übermäßig viel pauken: „Klar habe ich schon was getan, um in Klausuren keinen Patzer zu haben“, sagt er, „Aber wenn man im Unterricht aufpasst, hat man schon die halbe Miete“. Ein Satz, den Lehrer sicherlich gerne öfter von Schülern hören würden. Es sei schon persönlicher Ehrgeiz für ihn gewesen, die bestmögliche Punktzahl im Abitur zu bekommen, sagt er. Dass er nun im Studium auf Kommilitonen trifft, die vielleicht noch besser sind als er, stört ihn nicht: „Ich habe mich für Potsdam entschieden, weil ich mich dort auf Astro- und Gravitationsphysik spezialisieren kann“, erklärt er. Schön fände auch die überschaubare Größe des Instituts, „da ist es sicher leichter, die Kommilitonen und Professoren kennen zu lernen.“. Dass es in Potsdam keine Studiengebühren gibt, ist natürlich auch ein Pluspunkt.

Was nach der Uni kommt, weiß Felix noch nicht genau, das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Golm könnte er sich jedenfalls als späteren Arbeitsplatz vorstellen. Vielleicht wird es aber auch ein Job im Ausland, „Skandinavien würde mir schon gefallen“, sagt Felix. „Aber eigentlich denke ich noch gar nicht so weit.“ Frida Thurm

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