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Landeshauptstadt: Kein kommunales Kino

Bürger und Entscheidungsträger in Ostdeutschland lehnen Privatisierung kommunaler Unternehmen ab – in Potsdam gibt es davon 33

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Potsdams größter Arbeitgeber ist Potsdam selbst: 1763 Beschäftigte zählt allein die Stadtverwaltung. Gut doppelt so viele Potsdamer – 3628 – arbeiten zusätzlich in den insgesamt 33 kommunalen Unternehmen, wie aus dem Beteiligungsbericht der Landeshauptstadt hervorgeht. Und das wird wohl vorerst auch so bleiben: Jedenfalls hat eine Umfrage des Städte- und Gemeindebundes unter den Entscheidungsträgern von 145 ostdeutschen Gemeinden jetzt ergeben, dass die Privatisierung städtischer Unternehmen von der Mehrheit der Stadtverordneten, Oberbürgermeister und Geschäftsführer kommunaler Unternehmen abgelehnt wird. Das erklärte Karl-Ludwig Böttcher, der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, gestern vor Journalisten.

71,7 Prozent der Befragten lehnen demnach den Verkauf kommunaler Unternehmen grundsätzlich ab – „überraschend“, wie Böttcher findet. Damit liegen die Entscheidungsträger dicht bei der Meinung der ostdeutschen Bürger: Laut einer Studie des Meinungsforschungsinstituts Forsa vom Januar 2008 sehen 62 Prozent der Ostdeutschen die Privatisierung negativ. Böttcher will aus der neuen Umfrage sogar einen „Trend zur Rekommunalisierung“ ableiten.

Ein kommunales Kino, wie es seit anderthalb Jahren in Schwedt existiert, ist in Potsdam indes trotzdem nicht denkbar. Das liegt auch daran, dass die Landeshauptstadt im Gegensatz zu den meisten ostdeutschen Städten und Gemeinden eine positive Bevölkerungsentwicklung aufweist – und der Markt dementsprechend auch für private Anbieter interessant bleibt. Im Kulturbereich beschäftigt die Stadt momentan 207 Menschen – die meisten von ihnen, 156, im Hans Otto Theater, weitere 34 im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, einer gemeinsamen Gesellschaft von Stadt und Land, und 14 im Nikolaisaal.

Das von der Beschäftigtenzahl her größte städtische Unternehmen Potsdams ist laut Beteiligungsbericht das Bergmann-Klinikum mit 1610 Angestellten, gefolgt von der EWP (Energie und Wasserversorgung Potsdam GmbH) mit 427 und dem Verkehrsbetrieb mit 354 Beschäftigten. Dagegen sind das Golmer Innovationszentrum „Go:In“ oder die Baugesellschaft Bornstedter Feld Ein-Mann-Unternehmen. Das größte Bilanzvolumen hat die Pro Potsdam mit rund 805 Millionen Euro, gefolgt von der EWP mit gut 386 Millionen und dem Kommunalen Immobilien Service mit rund 355 Millionen Euro.

Trotz der ablehnenden Haltung zur Privatisierung wechseln die Potsdamer überdurchschnittlich häufig zu privaten Anbietern, wenn sie die Wahl haben – wie bei der Stromversorgung: Jeder zehnte EWP-Kunde hat seinen Vertrag nach den Preiserhöhungen der vergangenen Jahre gekündigt, wie Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen im Juli im PNN-Interview sagte. Damit liegt Potsdam über dem Durchschnittswert von „drei bis sechs Prozent“ Wechslern in Berlin-Brandenburg, den Helmut Preuße, der Landesvorsitzende des Verbandes Kommunaler Unternehmen, gestern nannte. Jana Haase

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