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Landeshauptstadt: (K)ein Ohr für Patienten

Modellprojekt „Unabhängige Patientenberatung“ läuft aus / Beratungsstelle schließt vorübergehend

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„Wir vertreten keine Interessen. Aber einen Standpunkt“, heißt es auf der Internetseite der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Und der lautet: Patientenautonomie fördern. Seit nunmehr vier Jahren besteht die UPD bundesweit und informiert per Direktberatung, Telefon und Internet kostenlos und anonym über verschiedenste Fragen und Unsicherheiten rund um das Gesundheitswesen. Da das von Verbraucherverbänden getragene Modellprojekt jedoch bis zum 31. Dezember 2010 begrenzt war, wird die Beratung zum Ende des Jahres eingestellt.

22 regionale Beratungsstellen umfasst die UPD, eine davon auch in Potsdam. Rund 10 000 Beratungen hat es in Brandenburg innerhalb der letzten vier Jahre gegeben. „Das Feedback ist durchweg positiv“, freut sich Ralf Krüger, Patientenberater der UPD Potsdam. „Die häufigsten Fragen sind: ‚Wie gehe ich rechtlich bei Behandlungsfehlern vor?’ oder ‚Wie finde ich einen vernünftigen Arzt für mein Problem?’“ Das Angebot umfasst auch spezifische überregionale Beratungen zu Themen wie Arzneimittelberatung oder Essstörung. Angesichts des immer komplexeren Gesundheitssystems besteht bei den Patienten eine große Nachfrage, um sich zu orientieren und ihre Interessen besser durchsetzen zu können.

Dennoch: Trotz dieses Erfolgs hatte auch die Brandenburger Stelle mit seinen drei Mitarbeitern wie in allen anderen Bundesländern gestern ihren letzten Beratungstag; nur das bundesweite Beratungstelefon bleibt bis Ende Dezember besetzt. „Weil wir noch nicht wissen, ob wir neue Gesellschafter bekommen, oder die alten bleiben, müssen wir alles komplett ausräumen: Wir schreddern schon die Akten und müssen noch die Räume streichen und die Telefone abmelden – dabei kann es ein, dass wir in den Räumen bleiben!“, sagt Krüger. Der GKV-Spitzenverband, der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, übernahm bislang die Finanzierung mit rund 5,1 Millionen Euro pro Jahr. Die ist nun neu ausgeschrieben worden, damit das Projekt, das ein Teil der staatlichen Gesundheitsreform ist, in die Regelversorgung übergehen kann; das Ergebnis soll im Laufe der Woche bekannt gegeben werden.

Obwohl das Projekt also im vollen Umfang fortgesetzt werden sollte, habe man es versäumt, für eine übergangslose Finanzierung durch den GKV-Spitzenverband zu sorgen, klagt Krüger. Das heißt: Im Januar/Februar 2011 wird die Beratungsstelle vorübergehend nicht vorhanden sein. Problematisch, meint Krüger: „Gerade in diesem Jahr gab es auch in Brandenburg sehr viele Anfragen über die Neureglung der Zusatzbeiträge. Die werden viele Kassen bereits im Januar umsetzen, aber genau dann gibt es keine Patientenberatung.“ Auch die Berater hängen in dieser Zeit natürlich in der Luft, einige seien schon gegangen, warnt Krüger: „Dadurch ist auch das ganze Netzwerk in Gefahr.“ Zudem wird die Fördersumme auch nicht verdoppelt, wie von Wolfgang Zöller (CSU), Patienten-Beauftragter der Bundesregierung, ursprünglich angekündigt; laut Gesetz bleibt es bei 5,1 Millionen Euro. Wegen steigender Kosten, etwa bei der Miete, wird das Beratungsangebot in Brandenburg daher zukünftig an einigen Stellen etwas geringer ausfallen, so Krüger.

Rund 80 000 bundesweite Anfragen gingen jährlich bei der UDP ein. Knapp jede fünfte Kontaktaufnahme enthielt auch eine Beschwerde. Obwohl dies gar nicht geplant war, wurde die UPD so im Laufe der Jahre zu einer Art Beschwerdestelle für Patienten. Die meisten Beschwerden richteten sich gegen niedergelassene Leistungserbringer, wobei ein Großteil der Beschwerden über die Zahnmedizin (knapp 30 Prozent), sowie über Allgemeinmediziner und Hausärzte (17,5 Prozent) geäußert wurden. Behandlungsfehler, das Verhalten der Ärzte und Therapeuten sowie fehlerhafte oder unklare Rechnungen wurden dabei am häufigsten als Grund der Kritik genannt. Neben den Ärzten wurden auch häufig die Krankenkassen wegen Ablehnungen von Leistungen kritisiert.

Diese Daten, so Krüger, seien im Prinzip auch auf Brandenburg übertragbar, allerdings gebe es regionale Unterschiede: „Da Brandenburg ein Flächenland ist, wurde hier oft der Mangel an Psychotherapeuten, aber auch an Fachärzten allgemein beklagt.“

Auch in Zukunft soll die UPD diese Beschwerde-Funktion beibehalten und regelmäßig einen Bericht an den Patienten-Beauftragten liefern. Allerdings erst wieder ab Februar oder März. Erik Wenk

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