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Gauck besucht Brandenburg: "Keiner hat gejammert"
Die Brandenburger habe er sich ganz anders vorgestellt, meint Gauck bei seinem Antrittsbesuch in dem Bundesland. Ihm begegnen Menschen, die lachen und applaudieren. Die Flughafen-Misere geht jedoch auch an diesem Tag nicht vorbei.
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Potsdam - Bundespräsident Joachim Gauck hat sich bei seinem Antrittsbesuch im Land Brandenburg überrascht über die Mentalität der Brandenburger gezeigt. Wegen des Abwanderungsproblems in entlegenen Regionen wie der Uckermark habe er eher schlecht gelaunte Menschen erwartet, sagte Gauck am Dienstag in der historischen Altstadt von Angermünde (Uckermark). Morgens habe er noch gedacht, er müsse tröstende Worte finden. Stattdessen sei ihm unter anderem in Angermünde am Abend eine lebendige Stadt begegnet.
"Keiner hat die Mundwinkel heruntergezogen und hat gejammert", sagte der 73-Jährige, der in Rostock geboren ist, vor einer Kirche in der historischen Altstadt. "Ich kenne diesen Jammerton so ein bisschen. Die nordostdeutschen Niederungen haben da ihre eigene Kultur entwickelt."
Die Menschen ließen Gauck beim Rundgang in Angermünde Kartoffelschnaps und Gebäck am Stiel probieren. Als er aus der Präsidenten-Limousine stieg, brandete spontaner Applaus auf. "Man fühlt sich durch den Präsidentenbesuch ein wenig geehrt", sagte die Einwohnerin Sabine Pencel. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der Gauck und dessen Lebensgefährtin Daniela Schadt gemeinsam mit seiner Frau Jeanette den Tag über begleitete, stellte fest: "Der Bundespräsident ist positiv enttäuscht."
Gauck besuchte am Dienstag unter anderem das Ökodorf in Brodowin. Gekleidet in einen weißen Kittel, mit Schiebermütze und blauen Schutzüberzügen an den Schuhen ließ sich Gauck die Herstellung von Butter und Käse zeigen. Schaulustige am Straßenrand jubelten ihm zu.
Bei Gaucks insgesamt achten Antrittsbesuch in einem deutschen Bundesland seit seinem Amtsantritt im März 2012 hatte er am Nachmittag gleich eine brandenburgische Großbaustelle kennengelernt: Im Kloster Chorin (Barnim) zeigten Vertreter ihm einen Gang aus dem Mittelalter, der derzeit saniert wird - "eine Großbaustelle für 1,9 Millionen Euro", wie eine Klostersprecherin erläuterte.
Sein Begleiter Platzeck, der ansonsten eher mit der Baustelle des zukünftigen Hauptstadtflughafens zu kämpfen hat, zeigte sich trotz der Misere gut gelaunt an der Seite seiner Frau. Das Flughafen-Problem klang bereits bei einem gemeinsamen Frühstück mit der rot-roten Landesregierung an. "Ich hatte aber nur zur Kenntnis gegeben, was ich als Bürger oder Zeitungsleser weiß", betonte Gauck da. "Es hilft uns, wenn wir das Problem schnell bereinigen können", sagte er und betonte, keine Ratschläge geben zu wollen.
Der ehemalige Pfarrer Gauck ließ sich in Chorin von Pfarrer Andreas Lorenz unter anderem die Geschichte der evangelischen Kapelle des Klosters erklären und sprach mit dem Oberforstrat über Nachhaltigkeit, die im Zentrum des Antrittsbesuchs stehen sollte.
Gauck ließ sich bei allen Stationen mehr Zeit, als das dicht gedrängte Tagesprogramm ursprünglich vorgesehen hatte. Am Morgen trug sich der Bundespräsident ins Goldene Buch des Landes ein, danach gab es den obligatorischen Fototermin mit den Ministern der rot-roten Landesregierung. Auch diese hatte sich Gauck ganz anders vorgestellt, wie der Präsident in Angermünde sagte: "Auch die war weniger entmutigt, als ich gedacht hatte." (dpa)
Steffen Trumpf, dpa
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