Homepage: Kino zum mitmachen Präsentation des interaktiven Films „Strange“ an der HFF
Von Dagmar Schnürer Auf der Videoleinwand ist die 3D-Animation einer Bushaltestelle zu sehen. Schritte bewegen sich darauf zu, subjektive Perspektive.
Stand:
Von Dagmar Schnürer Auf der Videoleinwand ist die 3D-Animation einer Bushaltestelle zu sehen. Schritte bewegen sich darauf zu, subjektive Perspektive. Plötzlich klingelt ein Handy, das Bild erstarrt und von der Seite schiebt sich groß eine Hand mit Handy ins Bild. Auf dem Bildschirm des Handys erscheint die Menüanzeige mit drei Wahlmöglichkeiten. Der Film läuft erst weiter, wenn mit der DVD-Steuerung eine von ihnen angeklickt wurde. Jede der Möglichkeiten führt dazu, dass früher oder später der Bus in die Haltestelle einfährt. Beim Türenöffnen geht die Animation in reale Filmaufnahmen über, die mit Schauspielern in authentischer Umgebung, also halbdokumentarisch, arbeiten. Zwei Skinheads steigen in den Bus, in dem die Hauptfigur sitzt, beleidigen und bedrohen einen Schwarzen, das Handy zeigt die Wahlmöglichkeiten: „lasst mich mal“, „mir doch egal“, „mir reichts“. Wie der Film weitergeht, hängt jeweils davon ab, welche der drei Möglichkeiten vom Nutzer ausgewählt wird. Dieser interaktive Kurzfilm mit dem Titel „Strange“ ist im Rahmen der vom Bund geförderten einjährigen Strategiephase von n_space, einem interdisziplinären Entwicklungszentrums, entstanden. Das Projekt n_space vereint die Filmhochschule HFF, die Universität Potsdam, das Hasso-Plattner-Institut und die Fachhochschulen Brandenburg (FHB) und Potsdam. Ein Forschungslabor soll n_space sein, das sich mit Fragen zu „Content, Design und Technology zukunftsweisender interaktiver Medienapplikationen“ beschäftigt. Ein neuer Master-Studiengang mit dem Arbeitstitel „Merged Media“ ist geplant. Die Professoren Klaus Stanjek (HFF) und Alexander Urban (FHB) stellten an der HFF den Kurzfilm „Strange“ vor und erläuterten die Fragestellungen, die dem Versuch, einen interaktiven Film herzustellen, zugrunde lagen. Wie funktioniert eine nonlineare Dramaturgie? Wie kann man diejenigen, die sich den Film anschauen und durch die Steuerung interagieren, emotional am stärksten in das Filmgeschehen einbinden? Welche ästhetischen Lösungen eignen sich? Der im Team entstandene Kurzfilm (Regie: André Hörmann, Produktion: HFF und FHB) zeigte die Schwierigkeiten und Herausforderungen, zu denen Interaktivität und nonlineare Dramaturgie führen. So mussten zum Beispiel drei verschiedene Abläufe in dieselbe Einstellung münden. Nicht immer hat das funktioniert. Doch trotz der technischen und ästhetischen Mängel, die durch Weiterentwicklung sicherlich zu beheben sind, erlaubte dieser Versuch einen Blick auf die Möglichkeiten von interaktiven Filmen. Es ist etwas anderes, ob auf der Leinwand Fremdenfeindlichkeit einfach gezeigt wird oder ob man selbst entscheiden kann, ob sie passiert oder nicht. Die spannende Frage „Was wäre wenn?“ kann virtuell durchgespielt werden. Nicht mehr passive Berieselung, wofür das Filmmedium berüchtigt ist, sondern Interaktion. Doch wie kann die emotionale Einbindung und somit die Erfahrung noch unmittelbarer werden? Im Anschluss wurde der von Eberhard Hasche (FHB) und Marcus Ruderisch-Lönnig entwickelte „emotionalisierte Controller“ vorgestellt: ein mit Drucksensoren präparierter und an den Computer angeschlossener Stuhl, der zu solch einem Controller werden könnte. Das Drehen des Balls am Ende der linken Armlehne regelte in 127 Stufen die Farbtiefe des Filmbildes. Beim Anlehnen zoomte des Filmbild heran. Den Abschluss der rechten Armlehne bildete eine Art Handschuh mit sechs Sensoren. Jedem Sensor könnte eine interaktive Funktion zugewiesen werden, was im Rahmen dieser Demonstration technisch jedoch nicht möglich war. Marcus Ruderisch-Lönnig erklärte, dass es denkbar wäre, die emotionale Bedeutung der Körperbewegungen von Nutzern zu analysieren und dann den einzelnen Bewegungen bestimmte interaktive Funktionen im Film zuzuweisen. So könnte das Filmgeschehen nicht nur durch bewussten Knopfdruck, sondern auch durch halb unbewusste Bewegungen beeinflusst werden. In welchem Umfang n_space fortgesetzt wird hängt davon ab, ob die Weiterförderung durch den Bund bewilligt wird. Die Beteiligten hoffen darauf. Denn das Projekt sei eine „Investition in die Zukunft der Studierenden“, so HFF-Präsident Dieter Wiedemann.
Dagmar Schnürer
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: