Landeshauptstadt: Kirche gibt Jugendklub auf
Einstiges Vorzeigeprojekt „El Centro“ ist geschlossen. Gute Nachrichten gibt es dagegen für die überschuldete Nikolaigemeinde
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Ein gescheiterter Jugendklub, aber auch Hilfe für die finanziell angeschlagene Nikolaigemeinde: Bei der am Freitag begonnenen Herbstsynode der Evangelischen Kirche in Potsdam hatte Superintendent Joachim Zehner gute und schlechte Nachrichten zu verkünden. Die PNN geben einen Überblick über die Baustellen der Kirche in der Stadt, die bei der Synode auch am heutigen Samstag eine Rolle spielen werden.
JUGENDKLUB GESCHLOSSEN
Vor vier Jahren war es ein Vorzeigeprojekt: der erste Jugendklub in kirchlicher Trägerschaft in Potsdam. Doch nun muss die Evangelische Kirche den Jugendklub „El Centro“ am Humboldtring aufgeben. Mehr noch: Schon seit Monaten sei der Klub wegen Krankheit und vakanten Stellen geschlossen, wie Zehner in seinem Bericht vor der Synode erklärte. Auf Anfrage sagte Potsdams oberster Kirchenmann, man habe in Folge des Fachkräftemangels für den Klub keine geeigneten Mitarbeiter finden können. „Wir trennen uns schweren Herzens von dem Projekt.“
Das Jugendamt bestätigte das Problem. „Seit April ist der Klub geschlossen“, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow am Freitag auf Nachfrage. Man bedaure sehr, dass die Einrichtung derzeit nicht zur Verfügung stehe. „Ziel ist es, den Standort mit einem neuen Träger wiederzubeleben.“ Dafür werde momentan eine Ausschreibung vorbereitet.
Im Jahre 2010 hatte der Kirchenkreis Potsdam die Trägerschaft von „El Centro“ übernommen, nachdem dem früheren Betreiber des Klubs von der Stadt gekündigt worden war – dieser hatte von der Stadt Personalzuschüsse erhalten, ohne dafür aber Sozialarbeiter einzusetzen und musste später eine Geldstrafe wegen Betrugs zahlen. Zehner betonte, für den Klub habe die Kirche sogar noch 60 000 Euro Extramittel für eine weitere Stelle beschlossen und 50 000 Euro für den Bau investiert – doch diesen zusätzliche Posten eben nicht besetzen können. Schon Anfang des Jahres hatte Zehner mehr Personal für „El Centro“ gefordert, auch wegen der „herausfordernden Zielgruppe“ in Zentrum-Ost. Nach PNN-Informationen soll es auch zu tätlichen Angriffen auf Mitarbeiterinnen des Klubs gekommen sein. Die Stadt fördert den Klub mit knapp
100 000 Euro, es gab Räume für Projekte sowie eine Gemeinschaftsküche.
LANDESKIRCHE HILFT ST. NIKOLAI
Die nach der Sanierung der Nikolaikirche überschuldete Innenstadtgemeinde St. Nikolai erhält Hilfe von der Landeskirche. Diese werde die mehr als zwei Millionen Euro Schulden der Gemeinde übernehmen und in ein zinsloses Darlehen umwandeln, sagte Zehner bei der Synode. Die Gemeinde müsse daher jährlich 90 000 Euro weniger Zinsen zahlen. „Damit wird sich die Finanzsituation entspannen“, so Zehner. Er dankte ausdrücklich der Landeskirche und zwei weiteren darlehengebenden Gemeinden in Berlin-Spandau und Großbeeren, dass sie „uns in dieser Weise brüderlich zur Seite gesprungen sind“.
Zudem profitiere die Nikolaikirche und ihre kostenpflichtige Aussichtsplattform von der Nähe zum neuen Landtagsschloss: „Die Einnahmen entwickeln sich positiv.“ Ebenso sei noch ein Grundstücksverkauf geplant, so Zehner – ohne dazu ins Detail zu gehen. Auch dies werde die finanzielle Lage verbessern.
2010 war die Sanierung der Außenhülle der Nikolaikirche nach acht Jahren Bauzeit beendet worden. Schon damals hatte Potsdams Generalsuperintendentin Heilgard Asmus gesagt, sie habe Angst vor den nächsten Jahrzehnten, in denen die Gemeinde die Schulden für den Bau tilgen müsse. Versteckte Mängel hatten die Kosten in die Höhe getrieben, die öffentlichen Zuschüsse, Gelder der Landeskirche und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz reichten nicht aus. Nur die Verschuldung der Gemeinde konnte ein Desaster abwenden. Das 1837 geweihte Bauwerk ist eine Schöpfung der Architekten Karl Friedrich Schinkel, Ludwig Persius und August Stüler. Es gilt als Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung.
GEMEINDEFUSION GEPLATZT
Die geplante Fusion der Heilig-Kreuz- und der Erlöser-Gemeinde ist vorerst vom Tisch. Der Gemeindekirchenrat (GKR) von Heilig-Kreuz habe den Zusammenschluss abgelehnt, sagte Zehner bei der Synode. Auf PNN-Anfrage sagte der GKR-Vorsitzende Wolf Schikora, der Beschluss sei denkbar knapp zustandegekommen, er selbst „nicht glücklich“ darüber. Daher sei nicht ausgeschlossen, dass das Thema Fusion noch einmal auf die Tagesordnung komme. „Darüber unterhalten wir uns noch“, so Schikora. Die mit nur 200 Mitgliedern sehr kleine Innenstadtgemeinde ist Rechtsnachfolgerin der Garnisonkirchengemeinde, die Erlösergemeinde in der Brandenburger Vorstadt zwölfmal größer.
Die Fusion von Kirchengemeinden ist oft umstritten. Zudem habe die Heilig-Kreuz-Gemeinde eine „sehr schwere Zeit“ hinter sich, wie Zehner sagte. So hatte es Missbrauchsvorwürfe gegen ihren früheren Pfarrer gegeben, der GKR war in der Folge von der Landeskirche wegen mehrmaliger Amtspflichtverletzung beim Umgang mit der Angelegenheit aufgelöst worden. Ermittlungen gegen den Kirchenmann wurden unter anderem wegen Verjährung eingestellt.
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