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Demonstrativer Schulterschluss. Der gemeinsame Auftritt von Adolf Hitler und Reichspräsident Paul von Hindenburg am 21. März 1933 in Potsdam gilt als Symbol der Inthronisierung der Nationalsozialisten.

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Landeshauptstadt: Kirchen-Dreieck am Tag von Potsdam

Ein Spaziergang vom Bassinplatz über den Alten Markt zur Breiten Straße soll an 21.März 1933 erinnern

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Innenstadt - Wenn am Vorabend des 21. März, dem für Potsdam so geschichtsträchtigen Datum, zu einem Spaziergang durch die Stadt aufgerufen wird, soll dies ein Zeichen der Demokratie sein. „Demokratie bewegt. 80 Tage nach dem Tag von Potsdam“ ist die Überschrift, die die Initiatoren der geplanten Veranstaltung gegeben haben. 80 Jahre nach dem unheilvollen Schulterschluss von Nationalsozialismus und preußischem Militarismus in der Potsdamer Garnisonkirche „wollen wir demonstrieren, dass wir die Freiheit haben, uns auszudrücken und uns in Bewegung zu setzen“, sagt Stadtpfarrer Simon Kuntze.

In den Potsdamer Kirchengemeinden wird derzeit aufgerufen, sich an dem Gedenkspaziergang zu beteiligen. Auch die Stadtverwaltung, das Diakonische Werk, das brandenburgische Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit sowie die Garnisonkirchen-Stiftung laden zu der Veranstaltung ein. Der Gang soll um 19 Uhr an der Kirche St. Peter und Paul nach einem Grußwort von Probst Klaus-Günter Müller und Stadtpfarrer Kuntze beginnen. Der Weg führt dann zur Nikolaikirche, wo Pfarrer Matthias Mieke und ein Gemeindemitglied in zwei kurzen Texten über die Verstrickung der Potsdamer Kirchen mit dem Nationalsozialismus referieren werden. Ziel des Marsches ist die Kapelle der ehemaligen Garnisonkirche. Hier werden Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und die Generalsuperintendentin des Potsdamer Kirchensprengels, Heilgard Asmus, einen ViP-Bus mit Motiven enthüllen, die ausdrücken, was sich Potsdamer Schüler unter Demokratie vorstellen.

Die Gestaltung des Busses ist Ergebnis eines Projektes der Potsdamer „Schulen ohne Rassismus – Schulen mit Courage“, von denen es sieben in der Stadt gibt. „Die Schüler haben grafisch dargestellt, wie sie Demokratie sehen“, erklärt Juliane Rumpel, Pfarrerin in der Garnisonkirchen-Kapelle, die Idee. Der Bus wird im ViP-Linienverkehr ein Jahr im Stadtbild zu sehen sein.

Der 21. März 1933 ging als „Tag von Potsdam“ in die Geschichte ein. Der Handschlag zwischen Reichspräsident Hindenburg und Adolf Hitler vor der Garnisonkirche gilt als Symbol der Inthronisierung der Nationalsozialisten. Oft werden die Geschehnisse auf die Garnisonkirche reduziert, was deren geplanten Wiederaufbau zu einer Kontroverse macht. Doch haben auch andere Kirchen ihre Rolle in der NS-Geschichte und am 21. März vor 80 Jahren. Der Tag begann mit einem Gottesdienst für die protestantischen Abgeordneten in der Potsdamer Nikolaikirche, für die Katholiken in der Stadtkirche St. Peter und Paul.

„Der ‚Tag von Potsdam' und das Jahr 1933 erzählen uns von der Gefährdung der Demokratie und von der hohlen Hoffnung der Menschen, dass alle Probleme durch einen allmächtigen Führer beseitigt werden können“, sagt Stadtpfarrer Kuntze. „Wir haben gelernt, dass die scheinbar so durchsetzungsfähige Diktatur und der Wunsch nach einem starken Führer zu Stillstand, Terror, Mord und Krieg führen“, reflektiert er. Auf diese Erkenntnis gründet sich das Motto des Gedenkspaziergangs: „Demokratie bewegt.“

Mit der Geschichte und Rolle der Potsdamer Kirchen während des Dritten Reiches soll sich aber nicht nur am 20. März beschäftigt werden. So ist nach den Worten von Stadtpfarrer Kuntze die Gründung eines Arbeitskreises mit Vertretern verschiedener Potsdamer Kirchengemeinden geplant, der sich mit Fragen des Widerstandes sowie der Kooperation mit den Nazis beschäftigt.

Eine aktuelle Publikation über den einstigen Potsdamer Pfarrer Joachim Hossenfelder, der als NSDAP-Mitglied die Friedenskirche in Sanssouci zu einer Führerkirche machen wollte, habe laut Kuntze für reichlich Diskussionen gesorgt. „Wir haben gemerkt, dass dies ein schmerzhaftes Thema ist“, sagte Kuntze gegenüber den PNN. Neben bislang bekannten Kapiteln der Potsdamer Kirchen im Dritten Reich wolle die Arbeitsgruppe „tiefer in die damalige Alltagsgeschichte dringen“ und sich mit Zeitzeugen verständigen. Die Idee ist, die Ergebnisse der Recherchen in einer Ausstellung zu dokumentieren, die nacheinander in den verschiedenen Kirchen der Stadt zu sehen ist.

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