
© Manfred Thomas
Kinderbetreuung: Kita-Boom in Potsdam
Die AWO weihte am Dienstag in Potsdam zwei neue Häuser für die Kinderbetreuung ein. Warum es sich rechnet, selbst Villen für die Kinderbetreuung zu sanieren.
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Waldstadt/Babelsberg - Potsdam im Kita-Bau-Rausch: Erst gestern konnte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gleich zwei neue Kitas der Arbeiterwohlfahrt (AWO) einweihen – in der Waldstadt und in Babelsberg – mit zusammen nicht weniger als 420 Betreuungsplätzen. Für 2012 stehen 600 neue Kita- Plätze im Haushaltsplan, erklärte Jakobs bei der Eröffnung der Kita „Abenteuerland“ in der Friedrich-Wolf-Straße. „Und keine Partei sagt, das ist unsinnig ausgegebenes Geld“, ergänzte Jakobs.
Mittlerweile macht der Kita-Boom nicht einmal mehr vor historischen Villen halt, die aufgrund des Sanierungsaufwandes teils über Jahre wie Blei in den Regalen des Immobilienmarktes lagen. Erst kürzlich ging eine Husaren-Villa an der Schiffbauergasse als Kita „Zauberstein“ in Betrieb. Bestes Beispiel ist die gestern eingeweihte Kita „Am Babelsberg“ in der Grenzstraße, untergebracht in der 1875 erbauten Villa Hirsch. Doch was ist beim Potsdamer Kita-Wunder des Pudel Kern? Warum reißen sich die Träger förmlich darum, Kitas zu bauen? Immerhin ließ sich die Awo das „Abenteuerland“, ein aus fünf Einzelgebäuden bestehender Komplex, 4,58 Millionen Euro kosten – finanziert durch die Landesinvestitionsbank Brandenburg (ILB). Das 5800-Quadratmeter-Grundstück hat die Awo von der Stadt in Erbbaupacht übernommen. Wie Awo-Chefin Angela Basekow den PNN erklärte, kostet der Kauf der Villa Hirsch inklusive Sanierung und Ausstattung 3,5 Millionen Euro – die reinen Baukosten werden von der Awo mit 2,5 Millionen Euro angeben.
Der Kita-Aufschwung ist von mehreren Faktoren bestimmt, erklärte Jugendamtsleiter Norbert Schweers. 114 Kitas mit 14 000 Plätzen hat die Stadt derzeit. 75 Kitas sind in städtischen Gebäuden des Kommunalen Immobilien Service (KIS) untergebracht, der Rest in Häusern der Kita-Träger, „Tendenz steigend“. Die Stadt sei bei dem Kinder-Zuwachs nicht mehr in der Lage, Gebäude zur Verfügung zu stellen. Schweers: „Wir spielen Hase und Igel – die Kinder sind immer schon da“. Daher bauen die Träger selbst oder mieten ein Haus und erhalten dafür laut Kita-Richtlinie im Monat 5,11 Euro pro Quadratmeter Kita-Fläche. Das sei schon lange so, der Wert 5,11 Euro ist die Umrechnung von früher einmal zehn D-Mark. Die Quadratmeterzahlen sind per Kita-Gesetz des Landes definiert, neun Quadratmeter Innen- und zehn Quadratmeter Außenfläche steht jedem Kind zu, mehr werde auch nicht bezahlt. Die Initialzündung war Schweers zufolge die Möglichkeit, zu den 5,11 Euro für die Errichtung eines neuen Gebäudes durch den Träger einen so genannten AfA-Zuschlag zu erhalten. AfA steht für Absetzung für Abnutzungen. Somit steigen die 5,11 Euro gemäß offizieller AfA-Tabelle auf sieben bis neun Euro. „Damit können die Träger ihre Kosten refinanzieren“, so Schweers. Und: „Durch die Kinderzahl rechnet es sich.“ Bilanztechnisch sei es für die Kita-Träger zudem günstig, Eigentum zu erwerben.
Hinzu kommen derzeit niedrige Zinsen von etwa fünf Prozent für Bankenkredite. Awo-Chefin Basekow bestätigte, dass die AfA-Zuschläge und die günstigen Kredite ausschlaggebend waren für das Kita-Engagement. Als Sicherheit für die Banken gilt Schweers zufolge die Statistik, wonach die Kinderzahl in Potsdam bis 2030 weiter ansteigen wird. Kita-Schließungen sind nirgends in Sicht.
Bleiben die Elternbeiträge. Diese decken Schweers zufolge 16 Prozent der Gesamtkosten. Maximal zahlt ein Paar mit nicht weniger als 77 000 Euro Jahresbruttogehalt 280 Euro pro Monat für den Kita-Platz. Das sei „Mittelfeld“ im Bundesdurchschnitt. In Bochum könnten es durchaus auch 470 Euro pro Monat und Kind sein. Allerdings: In Berlin sind Kita-Plätze für Kinder ab drei Jahre beitragsfrei. Schweers: Das habe jedoch den Zuzug kinderreicher Familien aus Berlin nach Potsdam keinesfalls verringert.
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