
© Andreas Klaer
FINANZEN: Kleine Revolution beim Bürgerhaushalt
Potsdams Kämmerer Burkhard Exner kündigt an: Die Bürgerwünsche sollen eher fertig sein als der Haushaltsplan.
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Alles neu beim Bürgerhaushalt in Potsdam: Künftig sollen die Vorschläge der Potsdamer für die Entwicklung der Stadt feststehen, bevor der städtische Haushalt bereits durchgeplant ist. Bisher war es genau umgedreht – häufig stellten sich die in einem aufwendigen Procedere erarbeiteten Bürgerwünsche als nicht finanzierbar dar, weil der Haushalt für das laufende Jahr längst schon kalkuliert war. Die einschneidenden Veränderungen erklärte Potsdams Kämmerer Burkhard Exner (SPD) am Dienstag vor Journalisten. Anlass ist der Beginn des nächsten Bürgerhaushaltsverfahrens, den Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) bei einer Auftaktveranstaltung für die Bürger am morgigen Donnerstag ab 18 Uhr im Stadthaus einläuten wird. Der Anstoß für die Neuerungen kam aus der Rathauskooperation um SPD, CDU/ANW, Bündnisgrünen und FDP (PNN berichteten).
Um den Bürgerhaushalt zeitlich vor die Haushaltsaufstellung zu legen, streckt die Stadtverwaltung das jetzt beginnende Verfahren auf zwei Jahre: 2013 und 2014. 2015 soll das Verfahren dann regulär weitergehen. Hätte der Bürgerhaushalt schon für 2013 umgestellt werden müssen, wäre einkurzfristiges „Hau-Ruck-Verfahren“ nötig geworden, sagte Exner. Zugleich sicherte er zu, „kurzfristig“ umsetzbare Vorschläge der Bürger könnten auch im Haushalt 2013 berücksichtigt werden. Andernfalls würden sie „frühzeitig“ zum Haushalt 2014 eingeplant, so Exner.
Weiterhin soll das eigentliche Verfahren verändert werden: So werde erstmals der Gesamthaushalt diskutiert. Dabei sollen die Potsdamer explizit Vorschläge machen, wo gespart werden könnte. Aus allen gemachten Vorschlägen wird nach einer ersten Wahlrunde eine 20 Punkte umfassende Liste mit den beliebtesten Ideen erarbeitet. Jeder Potsdamer darf dann für einen oder mehrere Vorschläge in drei Haushaltskategorien maximal fünf Punkte vergeben. Beteiligen können sich Potsdamer entweder über das Internet, per Post oder bei Bürgerversammlungen. Auskunft will die Stadt in 10 000 eigens erstellte Broschüren verteilen. Am 26. Oktober sollen die Gewinnerideen feststehen.
In den vergangenen Jahren hatten sich immer mehr Potsdamer am Bürgerhaushalt beteiligt – im vergangenen Jahr mehr als 8500 Personen. Immer wieder hatte es dabei aber Kritik daran gegeben, dass für das Verfahren kein fester Haushaltsposten zur Verfügung stehe. Gleichwohl legte Finanzdezernent Exner eine Liste vor, wonach 48 Vorschläge in den vergangenen drei Jahren umgesetzt worden seien – 41 andere Ideen aber nicht und weitere 17 Vorhaben nur teilweise. Und bei den von Exner genannten umgesetzten Vorschlägen handelte es sich mehrfach um Themen, die wohl auch ohne Bürgerhaushalt so entschieden worden wären – etwa die finanzielle Förderung des Waschhauses sowie des Naturkundemuseums, die Einrichtung des „Freiland“-Jugendzentrums oder den ohnehin beschlossenen Ausbau des Radwegenetzes.
Bei wirklich neuen Projekten, die Potsdamer fordern, tut sich die Stadtpolitik dagegen schwer. Kämmerer Exner sagte, wegen sinkender Zuwendungen des Landes für Investitionen sei auch in den kommenden Jahren nur eine „langfristige Umsetzung“ neuer Vorhaben denkbar. Zuletzt hatte bereits der Finanzausschuss entschieden, dass für neue Sport- und Freizeitflächen auf einem Rasen am Babelsberger Park keine 250 000 Euro zur Verfügung stehen sollen. Dieser Vorschlag hatte im aktuellen Bürgerhaushalt den dritten Platz erreicht. Das aktuell bestplatzierte Vorhaben, ein Tierheim-Neubau, gehört seit Jahren zu den ungelösten Baustellen der Stadtpolitik. Und die Sanierung der alten Schwimmhalle am Brauhausberg, der zweite Platz beim Bürgerhaushalt, ist jüngst von der Realität eingeholt worden: Geht es nach den Stadtverordneten, soll die Halle abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Die Potsdamer können dabei ab nächster Woche zumindest den Standort des neuen Bades – Brauhausberg oder Bornstedter Feld – bei einer Bürgerbefragung bestimmen.
Im Internet:
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