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Landeshauptstadt: Kleiner Mann mit großer Wirkung

Von 1958 bis 1980 war Peter Altmann Inselgärtner, gestaltete ein Erholungsgebiet mitten in der Stadt. Nun erinnert eine Ausstellung an den Pflanzenliebhaber, der vor 100 Jahren geboren wurde

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Des Wetter ist viel zu schön am gestrigen Freitag, um im Haus zu bleiben. Doch während Inselgärtner Toralf Götsch mit der Astschere auf der Freundschaftsinsel dem Frühling zuarbeitet, wird im Pavillon eine ganz besondere Ausstellung vorbereitet. Heute eröffnet dort die dreiwöchige Schau zum Gedenken an Götschs Vorgänger im Amt, den einstigen Inselgärtner Peter Altmann, der am 31. Dezember 2005 verstarb. Am 19. März dieses Jahres hätte er seinen 100. Geburtstag gefeiert.

Jörg Näthe, Vorsitzender des Vereins der Freunde der Freundschaftsinsel, ist als dritter Inselgärtner außer Dienst in der Dynastie der Gartenkünstler mit dem Aufbau der Ausstellung beschäftigt. Näthe, der vor zwei Jahren selbst in den Ruhestand ging und ebenfalls mit der Betreuung der Insel beauftragt war, kam 1972 als Lehrling auf die Insel und arbeitete noch acht Jahre zusammen mit Altmann, bevor dieser 1980 in den Ruhestand ging. Ein Jahr Jahr später erbte Näthe den Posten. „Wir haben ihn bewundert“, sagt Näthe über den kleinen Mann. 1972 wurde die Insel gerade für die Weltfestspiele umgestaltet. Altmann habe dafür gesorgt, dass pflanzlich auf dem Gelände alles stimmig wurde. „Er sah die Insel in Gänze“, sagt Näthe.

Altmann wurde 1915 in Berlin-Steglitz geboren. Auf den 16. Januar 1936 ist sein „Zeugnis Gärtnerische Werksprüfung“ datiert: mit „Sehr gut“ wird er Gärtnergehilfe. Viel Historisches aus Altmanns Leben als auch der Insel- und somit Stadtgeschichte zeigt die Ausstellung. Einen Teil der Dokumente und Bücher stellte Altmanns Tochter Brigitte Breitkreuz zur Verfügung. Weiteres Material stammt aus dem Archiv der Freundschaftsinsel.

Neben vielen Fotos, Tabellen und Dokumentationen, Briefen von Ministerpräsident Platzeck (man dutzte sich) und Ehrenurkunden ist Altmanns erster Arbeitsvertrag mit Karl Foerster zu sehen: 1952 beginnt er in der Staudengärtnerei zu arbeiten, zwölf Tage Urlaub gibt es im Jahr und 15 Pfennig extra Vergütung pro Woche für die Nutzung eigenen Gartengeräts und Spezialkleidung. Dann fällt die Entscheidung, die Insel als Park herzurichten. Seit dem Krieg ist sie Gartenland für die Städter, die hier Gemüse anbauen. „Das war damals so, auch auf dem Platz der Einheit wuchsen Bohnen“, sagt Näthe. Die Gemüsegärtner freuten sich nicht gerade über den Beschluss der Stadt. Aber Altmann legt los. „Als ich 1952 die ersten Arbeiten auf der Freundschaftsinsel unternahm, war das ganze Gebiet noch mit Schützengräben durchzogen. Es lag sehr viel Munition herum. Ich habe die Sachen, zum Teil große Granaten, einfach auf den Arm genommen und in die Havel geworfen. Angst? „Nein, nicht mehr. Und wer hätte sich sonst darum kümmern sollen?“ sagte er einmal selbst über diese Zeit.

Das Leben von Altmann ist nun bis zu seinem Ruhestand ganz mit der Insel verbunden. Einen privaten Garten legt er in Caputh an, wo er auf dem Krähenberg wohnt. Der Naturgarten auf 2700 Quadratmetern ist heute noch zu besichtigen. Seine Besonderheit: Altmann, selber ein kleiner Mann, wollte keine pompösen Pflanzen, sondern holte die kleinen Blümchen heran. Oft auch Pflanzen, die hier weniger heimisch waren – er liebte die Vegetation der kargen Berge. „Altmann schaffte es, ihnen hier perfekte Lebensbedingungen einzurichten“, sagt Näthe. Im Ausstellungspavillon zeigt eine Pflanzschale, wie schön die bescheidenen getrockneten Blüten der Silberdistel – Altmanns Lieblingspflanze – aussehen können.

Foerster und Altmann, das war eine ganz besondere Beziehung. Der Staudenzüchter nahm den jungen Gärtner von Anfang mit in seine Welt. „Es war eine ganze Menge, was von Foerster in Peter Altmann steckte“, sagt Näthe. Mehrere Bücher, die Karl Foerster Altmann schenkte und widmete, mit teilweise sehr berührenden Worten, zeugen davon. Auch nach Foersters Tod blieb Altmann der Familie sehr verbunden. Es muss sehr beruhigend für den Gärtner und Züchter gewesen sein, so Näthe, sein Werk in guten Händen des Nachfolgers zu wissen.

Aber Altmann war nicht nur praktischer Gärtner. Er dokumentierte Blühphasen, legte Blütenkalender an, einer von 1956 ist erhalten und zu sehen. Er fotografierte in den Gärten, auf der sich verändernden Insel. Dass er auch ein Künstler war – nicht überraschend an sich für einen leidenschaftlichen Gärtner – zeigen unter anderem makellos gemalte Holzschilder mit den Namen der Pflanzen: „Borstenhirse, Setaria viridis“ oder „Eva Foerster“ für eine Phlox, benannt nach Foersters Ehefrau. Noch im Ruhestand verbrachte er täglich mehrere Stunden mit Gartenarbeit, tauchte – gut getarnt in seinem grünen Ringelpullover - bisweilen für Besucher unvermittelt aus dem Pflanzenreich auf. Dass er auch Wissenschaftler war, seit 1961 im Westen Texte veröffentlichte, davon zeugt eine historische Zeigerschreibmaschine, die Altmann bis zuletzt nutzte.

Vernissage am heutigen Samstag um 11 Uhr, Pavillon Freundschaftsinsel. Geöffnet täglich 11 bis 17 Uhr, bis zum 22. März

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