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Das Potsdamer Klinikum Ernst von Bergmann fordert eine Aufstockung der Fallpauschalen.

© Klaer

Klinikum Ernst von Bergmann Potsdam: Klinikum will Krankenkassen verklagen

Das Klinikum Ernst von Bergmann streitet sich derzeit mit den Krankenkassen. Für die Behandlung von schwer kranken Kindern zahlen die Kassen zu wenig, so der Vorwurf des Klinikums. Die weisen das zurück.

Von Peer Straube

Stand:

Das Potsdamer Bergmann-Klinikum streitet sich mit den Krankenkassen um die Finanzierung der Behandlung schwer kranker Kinder. Die Pauschalen, die die Kassen pro behandeltem Kind vierteljährlich zahlen, seien mit rund 260 Euro viel zu niedrig, sagte Michael Radke, Chefarzt der Kinderklinik an dem kommunalen Krankenhaus, am Donnerstag vor Journalisten. Nötig seien mindestens 400 Euro, andernfalls drohten ein Qualitätsverlust bei der Behandlung sowie noch längere Wartezeiten bei der Terminvergabe.

Die letzte Verhandlungsrunde sei allerdings gescheitert, die Kassen hätten maximal 310 Euro angeboten. Inzwischen sei eine paritätisch mit Krankenhaus- und Krankenkassenvertretern besetzte Schiedskommission zur Schlichtung aufgerufen. Sollten die Krankenkassen jedoch bei ihrer Haltung bleiben, werde das Klinikum die Krankenkassen auf Zahlung der geforderten Summe verklagen, notfalls bis zum Bundessozialgericht, kündigte Radke an.

Derzeit 2000 Patienten, die meisten aus Potsdam

Konkret geht es um die Arbeit der Ärzte und Therapeuten im Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ), ein Tochterunternehmen des Krankenhauses. Die Einrichtung ist spezialisiert auf die Früherkennung und Behandlung von körperlichen, geistigen und seelischen Krankheiten von Kindern und Jugendlichen von der Geburt bis zum 18. Lebensjahr. Dazu zählten unter anderem Bewegungsstörungen, Epilepsien, spastische Lähmungen und Verhaltensauffälligkeiten, erklärte SPZ-Leiterin Mona Dreesmann. Das 24-köpfige Team sei hochqualifiziert, es bestehe unter anderem aus Ärzten, Psychologen, Psycho- und Physiotherapeuten, Logopäden und Kinderkrankenschwestern. Den Schwerpunkt bilde die diagnostische Arbeit.

2000 Patienten zähle das SPZ derzeit, die meisten davon aus Potsdam, allerdings sei die Einrichtung für ganz Westbrandenburg zuständig. Im Einzugsgebiet des SPZ erblickten jährlich rund 4000 Kinder das Licht der Welt, bei etwa zehn Prozent davon gebe es eine chronische Erkrankung oder eine Entwicklungsstörung, die eine Behandlung im SPZ notwendig mache, sagte Kinderklinikchefarzt Radke.

Einrichtungen wie das SPZ, von denen es noch drei weitere in Brandenburg gebe, seien für die Kinder- und Jugendmedizin unverzichtbar, weil Spezialisten in diesen Segmenten Mangelware seien, so Radke. Um die Qualität halten zu können, sei eine Aufstockung der Pauschalen auch in dieser Höhe notwendig.

Schlusslicht Brandenburg

Brandenburg sei bei der Finanzierung der Sozialpädagogischen Zentren bundesweit Schlusslicht. In Bayern würden Pauschalen von bis zu 700 Euro gezahlt, die Einrichtungen hochqualifizierter Krankenhäuser wie die Berliner Charité bekämen bis zu 450 Euro. Mit diesen Einrichtungen sei auch das Potsdamer SPZ vergleichbar. Es sei „erbärmlich und völlig absurd“, dass nur ein paar Kilometer Luftlinie von Potsdam entfernt die Behandlung schwer kranker Kinder von den Kassen mit fast der doppelten Summe bezahlt werde, sagte der Mediziner.

Die AOK Nordost wies die Vorwürfe aus dem Bergmann-Klinikum am Donnerstag im Namen aller Krankenkassen zurück. Für die geforderte Aufstockung habe das SPZ „keine entsprechenden Kostensteigerungen dargelegt“, sagte Sprecherin Gabriele Rähse den PNN. Zudem lasse sich die Potsdamer Einrichtung nicht mit den Berliner Sozialpädiatrischen Zentren vergleichen, weil dort generell andere Finanzierungsstrukturen bestünden. So gebe es in der Bundeshaupstadt eine Rahmenvereinbarung, wonach die zuständigen kommunalen Sozialhilfeträger die Pauschalen zu einem Teil kofinanzieren. Eine solche Vereinbarung gebe es in Brandenburg nicht, so Rähse.

Trotz des „einseitigen Gesprächsabbruchs“ durch die Potsdamer Einrichtung seien die Krankenkassen weiterhin gesprächsbereit. Ziel sei es, „gemeinsam eine Lösung zu finden, die eine adäquate und kostengerechte Vergütung der zweifelsohne engagierten Arbeit des SPZ Potsdam widerspiegelt“.

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Die Potsdamer Mediziner im Sozialpädiatrischen Dienst leisten eine effektive, hochspezialisierte Arbeit. Das sollte den Kassen auch eine vernünftige Bezahlung wert sein. Ein Kommentar >>

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