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Jörg Lehmann und Markus Grosser führen das Restaurant in der Benkertstraße.

© Johanna Bergmann

„La Piadina“ im Holländischen Viertel: Kochen vor Rokoko-Kulisse

Das „La Piadina“ im Holländischen Viertel ist in einem originalen Rokoko-Raum untergebracht. Benannt wurde das Restaurant nach einer norditalienischen Spezialität.

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Die Piadina bereitet Koch Chaudhary Mudassir Ali vor den Augen der Gäste zu: Die helle Teigtasche wird mit frischen Tomaten, Rucola, Zucchini und Käse gefüllt, dann von beiden Seiten auf einer heißen Platte gebacken. Nach gut viereinhalb Minuten ist diese vegetarische Variante der italienischen Spezialität fertig und wird auf einem aus dunklem Korb geflochtenen Teller serviert, ein kariertes Papierdeckchen liegt darunter. Lediglich die Papierserviette unterscheidet die Potsdamer Piadina von den Teigtaschen, die man in der norditalienischen Region Emilia-Romagna bekommen kann. Dort wird die Piadina direkt im Korb serviert, die Serviette ist nur eine deutsche Hygiene-Auflage.

Nach der Spezialität ist das Restaurant in der Benkertstraße 21 im Holländischen Viertel benannt: „La Piadina“. Und besonders ist auch der Ort: Denn der ehemalige Rokoko-Saal gilt als doppeltes Baudenkmal. Sowohl der Innenraum auch als das Ensemble müssen geschützt werden: An den Decken verläuft gelber Stuck, goldene, schwungvoll-elegante Ornamente und blassgrüne Blumengewächse zieren die Wände. Für Inhaber Jörg Lehmann grenzt es immer noch an „ein kleines Wunder“, dass er die Piadine, wie die italienischen Teigtaschen im Plural heißen, seit einem guten Jahr hier servieren kann.

Kunst in dem Raum war vergessen

Über Jahrhunderte war die ursprüngliche Kunst in dem Raum vergessen. Eine holländische Familie hatte das Zimmer bewohnt und mit Tapeten verkleidet, erzählt Lehmann. Lenore Löwe, die das Haus 1986 erwarb, entdeckte den erhaltenen Schatz hinter der Tapetenwand schließlich. „Sie ist Restauratorin und wie Restauratoren so sind – die kratzen mal an den Wänden.“ Dort verbarg sich die Original-Einrichtung aus dem Jahre 1740.

Lehmann sitzt auf einer hellen, auf die warmen Farben des Saals abgestimmten Holzbank, hinter ihm befindet sich eine 1,90 Meter hohe Glasplatte, die die bemalte Wand dahinter schützen soll. Davor stand im 18. Jahrhundert eine Bühne, weiß der Gastronom: „Hier haben sich die Holländer nach getaner Arbeit amüsiert.“ Die ungewöhnliche Kulisse fällt auch vielen Gästen positiv auf. Lehmann erzählt dann gerne von dem einstigen „Commedia dell'arte“.

Als Lehmann gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Markus Grosser ankündigte, ein Restaurant in dem denkmalgeschützten Gebäude eröffnen zu wollen, hatte der zuständige Landeskonservator zunächst Bedenken. Doch diese konnten die beiden Berliner, die mittlerweile nach Potsdam gezogen sind, schnell zerschlagen: Denn die italienische Teigtasche wird komplett ohne Fett gebacken – daher entstünden auch keine Dämpfe, die die Wandkunst beschädigen könnten. Für den intensiven Geschmack sorgt vielmehr die beigemengte Frischkäsecreme.

Einige Auflagen mussten erfüllt werden

Einige Auflagen – neben den Glaswänden etwa eine Siebträgerkaffeemaschine, die keinen Dampf abgibt, und das Verbot von Schrauben in den bemalten Wänden, mussten dennoch erfüllt werden. „Aber eigentlich braucht man nicht viel: Eine heiße Platte, eine Walze, eine Schneidemaschine“, zählt Lehmann auf.

„Das Geheimnis der Piadina ist der hauchdünne Weizenmehlteig in Kombination mit echten italienischen Zutaten“, erklärt Grosser. Der hausgemachte Teig, die frischen Zutaten und das Dessert – selbstgebackene Chocotarte und Panna Cotta – werden täglich bei einem Partner in Berlin abgeholt.

Lehmann hatte zuvor 20 Jahre lang die Gastronomie im Botanischen Garten in Berlin geleitet und dort auf Anraten seines Freundes die Piadina als italienisches Gericht vorgeschlagen – jedoch ohne Erfolg. Also entschlossen sich die Zwei, die Beide Töchter haben und sich vor rund zehn Jahren auf einer Kita-Veranstaltung kennenlernten, ihr eigenes Restaurant zu starten.

Seit der Eröffnung im vergangenen Jahr haben die beiden Quereinsteiger – Grosser kommt eigentlich aus dem kaufmännischen Bereich, Lehmann war früher Jurist – gut 20 000 Piadine und 3600 Liter Chardonnay verkauft. Vor allem zur Mittags- und Feierabendzeit kommen viele Gäste. „La Piadina“ ist außerdem Bestand einer kulinarischen Stadtführung durch Potsdam, bei der Touristen sieben Lokalitäten im Schnelldurchlauf kennenlernen. „Vor allem Leute mit Interesse an gesundem, fettfreien Essen freuen sich über unser Angebot“, sagt Lehmann und fügt hinzu: „Am Anfang hat’s keiner gekannt – aber jedem, der bisher hier gegessen hat, hat’s geschmeckt.“ Das sei sein Resümee nach einem Jahr: 100 Prozent Kundenzufriedenheit.

Anne-Kathrin Fischer

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