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Von Jan Kixmüller: Konfliktpotenzial
Potsdamer Forscher skizzieren die Auswirkungen des Klimawandels auf Berlin-Brandenburg
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Der frühsommerliche April scheint in diesem Jahr die Zukunft vorwegzunehmen. Denn vor allem in den Frühlingsmonaten April und Mai soll die Temperatur durch den Klimawandel in der Region Berlin-Brandenburg ansteigen. Im Durchschnitt erwarten die Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) für die Region bis 2050 einen Anstieg der Temperatur von durchschnittlich 2,5 Grad. In einer aktuellen Studie im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung und der gemeinsamen Landesplanung Berlin-Brandenburg wird deutlich, dass die Auswirkungen der globalen Erwärmung für die Region teilweise recht drastisch ausfallen.
Häufigkeit und Intensität von Extremereignissen würden demnach zunehmen, so etwa Starkregen im Winter, lange Hitzeperioden und tropische Nächte im Sommer. Die Anzahl der Frosttage im Winter könnte um die Hälfte abnehmen. Über die Zunahme von Stürmen würden zwar gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse noch fehlen, einige Untersuchung deuten aber auch auf eine Zunahme von Stürmen hin.
Durch die stärkere Verdunstung bei höheren Temperaturen nimmt nach Ansicht der Forscher der Abfluss der Gewässer ab, was zu einer verstärkten Anreicherung mit Nährstoffen führe. „Die Wassergüte könnte sich verschärfen“, heißt es in der Untersuchung. Auch mit einer abnehmenden Grundwasserneubildung sei zu rechnen. Die Forscher empfehlen vor diesem Hintergrund vor allem die Revitalisierung von Feuchtgebieten.
Die steigenden Temperaturen und ein Rückgang der Niederschläge im Sommerhalbjahr werden sich nach Ansicht der Forscher in der Region am stärksten negativ auf die landwirtschaftliche Produktion auswirken. „Anpassungsstrategien sollten daher vor allem auf robuste, trockenheitsresistente Sortenzüchtungen zielen“, heißt es in der Studie. Daneben werde in Zukunft eine die Bodenstruktur und den Humusaufbau fördernde Fruchtfolge und Bodenbearbeitung von hoher Bedeutung sein. Notwendig würden auch Bewässerungssysteme. Eingriffe in die Umwelt, die nach Ansicht der Forscher sehr wahrscheinlich auch Konfliktpotenziale hervorrufen würden.
In den Wäldern wird es eigentlich nur einen Gewinner geben: die Buche. Sie reagiert als einzige Baumart tendenziell positiv auf den Klimawandel. Eiche, Kiefer und Birke würden unter den getroffenen Annahmen zwar nicht völlig ausfallen, doch unter den zunehmend trockenen Bedingungen leiden. Der Wald kann aber auch eine aktive Rolle für den Klimaschutz übernehmen. Durch die Nutzung des Rohstoffes Holz auch als Ersatz für Kunststoffe und fossile Brennstoffe könne zur Reduktion der Treibhausgase beigetragen werden.
Die Studie wurde in erster Linie für Berlin erstellt und kommt zu dem Ergebnis, dass sich für die Menschen im urbanen Umfeld die Erwärmung durch die Wärmespeicherung der Stadt und ein trockeneres Stadtklima negativ auswirken werde. Empfehlung der Forscher sind vor allem Schutzgebiete ausweiten, etwa das Tempelhofer Feld. Die Empfehlungen machen aber an der Stadtgrenze nicht Halt. „Landschaftsplanung und Naturschutz in Berlin in Zeiten des Klimawandels bedarf einer noch engeren Abstimmung mit Behörden des Landes Brandenburg und zum Teil darüber hinaus, allein schon wegen der Großräumigkeit notwendiger Schutzgebietskulissen, aber auch wegen gebietsübergreifender Auswirkungen von Klimaänderungen und Anpassungsreaktionen“, so das Gutachten. Im Rahmen größerer Managementverbünde ließen sich zudem Naturschutzkonflikte zwischen den Regionen besser vermeiden.
Besonders interessant für Brandenburg wird die Studie in Sachen Bioenergie. Momentan wird demnach 4,5 Prozent der Ackerfläche Brandenburgs zur Bioenergieproduktion genutzt, rund vier Prozent der Primärenergiegewinnung. „Das weitere Potenzial des Energiepflanzenanbaus ist aber begrenzt, nicht zuletzt aufgrund der vielen Zielkonflikte“, schließen die Klimaforscher. So könne eine verstärkte Bioenergieproduktion zur Reduzierung der ökologischen Ausgleichsfunktion und zum Verlust von Struktur- und Artenvielfalt führen. Bei der Biogasproduktion sollte zudem der Fokus auf die Nutzung von Gülle und anderen Reststoffen gesetzt werden, um Flächenkonkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion auszuschließen.
Die Forscher sehen aber auch positive Effekte. Für Brandenburg würde sich besonders die Bewirtschaftung mit schnellwachsenden Baumarten, etwa Pappel und Robinie, anbieten. „Eine extensive Form der Landnutzung, die mit Blick auf den Klimaschutz und die aktuelle Entwicklung der Preise für fossile Energieträger zunehmend interessant erscheint. Die Experten empfehlen daher Demonstrationsanlagen für den Agrarholzanbau.
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