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Von Jana Haase und Peer Straube: Königliches Paar auf getrennten Wegen

Eine knappe Stunde lang waren Prinz Charles und seine Gattin Camilla am Donnerstag in Potsdam. Ein Protokoll

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11.52 Uhr. Park Sanssouci, An der Windmühle. Agris Jakobsons ist aufgeregt. „Das sind wir heute doch alle“, sagt der Flötenspieler am Parktor. Sein Programm für den Besuch von Camilla, der Herzogin von Cornwall: „Händel – das passt für Briten.“ Um ihn herum versammeln sich Pressefotografen und Schaulustige. Polizei-Einsatzleiter Matthias Tänzer bleibt gelassen. 30 Beamte reichen für den royalen Besuch.

12.00 Uhr. Park Sanssouci. Hartmut Dorgerloh ist der Erste. Der Chef der Schlösserstiftung ist für das „Damenprogramm“ zuständig und soll Camilla durch Sanssouci führen, während Prinz Charles am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) die Welt retten will. „Ich hoffe, mein Akzent ist nicht zu amerikanisch“, lacht Dorgerloh, der erst kürzlich von einem Forschungsaufenthalt aus Los Angeles zurückgekommen ist. Innenminister Jörg Schönbohm fährt als nächster vor.

12.10 Uhr. Vor dem Großen Refraktor schwitzen die Journalisten in der Sonne. Eine gut gelaunte Wissenschaftsministerin entsteigt der Limousine. Johanna Wanka freut sich auf die Begegnung mit Prinz Charles: „Seine Königliche Hoheit kennt man ja sonst nur aus dem Fernsehen.“ PIK-Chef Hans-Joachim Schellnhuber kommt mit Sohn Elias Zoltan auf dem Arm den Weg hinabgeschlendert. Auch in Sanssouci ist das Empfangskomitee mit Oberbürgermeister Jann Jakobs jetzt komplett. Der Besuch des königlichen Paares sei eine „große Auszeichnung“ für Potsdam, freut sich das Stadtoberhaupt: „Wissenschaft und Sanssouci, das ist das, was Potsdam ausmacht.“

12.23 Uhr, Eingang Park Sanssouci. „Ich bitte die Damen und Herren, diesen Bereich zu verlassen.“ Polizeibeamte weisen die Besucher in die Schranken, auch die obersten drei Terrassen vor dem Schloss werden gesperrt.

12.30 Uhr. Am Weg zum Einstein-Turm haben sich neugierige Forscher eingefunden. Fan der Monarchie sei sie nicht, erklärt eine PIK-Mitarbeiterin: „Käme Obama, würde ich auch hier stehen.“

12.45 Uhr. Sanssouci. Als Camilla aus dem Wagen steigt, gibt es Applaus. Die Herzogin von Cornwall lächelt und sieht erholt aus in ihrem crémeweißen, knielangen Kleid und dem dunkelblauen Mantel mit Krone am Revers. Schönbohm überreicht ihr einen fast kugelrunden Blumenstrauß: weiße und rote Rosen mit blauen Wicken - die Farben des „Union Jack“, der britischen Flagge. „No questions!“ - instruiert eine Mitarbeiterin der britischen Botschaft die anwesenden Pressevertreter. Auf dem Weg zum Schloss redet Dorgerloh auf Camilla ein, die ihre Aufmerksamkeit scheinbar mühelos teilt: Immer wieder wendet sie sich in Richtung der begeisterten Zaungäste, vergisst aber nicht, Rückfragen an ihren Begleiter zu stellen. „Sie war sehr entspannt, angenehm und interessiert“, wird der Schlösserchef später sagen. Stiftungsmitarbeiter stehen in den Kolonnaden und fotografieren die Herzogin.

12.51 Uhr. Einstein-Turm. Die Wagenkolonne Seiner Königlichen Hoheit fährt vor. „Der Prinz hat gewinkt“, ruft eine Frau. „Wir haben sogar Verhaltensregeln geübt“, sagt Kirsten Selbmann vom PIK. „Wir Damen sollen einen Knicks machen, wenn wir dem Prinzen gegenüberstehen.“ Doch dazu kommt es nicht. Charles eilt in den Einstein-Turm.

13.03 Uhr. Großer Refraktor. Flankiert von Bodyguards, Beamten und Wissenschaftlern schreitet der Prinz am Großen Refraktor vorbei. Schellnhuber erklärt, Charles hört zu. Die Institutsmitarbeiter schießen Fotos. Der Prinz verschwindet im Michelson-Haus. Eine gute halbe Stunde nimmt sich er sich im PIK-Hauptgebäude Zeit für eine Klimatagung.

13.04 Uhr, Sanssouci. Camilla tritt aus dem Marmorsaal auf die Schlossterrasse. Wieder gibt es Applaus - und „Camilla“-Rufe. Die Herzogin geht auf die Besucher zu, schüttelt Hände. Drei Schülerinnen sind außer sich vor Aufregung: „Wir haben noch nie einen Prominenten gesehen!“ Nach einem Spaziergang über die Terrassen führt Dorgerloh die Herzogin durch die Bildergalerie, danach macht Camilla einen Stopp am Grab Friedrichs II. – ungeplant. Sonst hätten auf der Grabplatte wohl Kartoffeln gelegen.

13.30 Uhr. Sanssouci. Dorgerloh überreicht Camilla ein Sanssouci-Buch und eine Papiertüte mit Ansichtskarten. Die hätte sich die Herzogin erbeten, erzählt der Schlösserchef. Er schwärmt von Camillas Wissbegier: „Sie wollte wissen, wie sich der Klimawandel auf die Gärten auswirkt und wie man ein so kleines Schloss für den Massentourismus öffnen kann.“ Dorgerloh hofft auf einen zweiten Besuch: „Vielleicht ist der 300. Geburtstag von Friedrich dem Großen ein Anlass.“

13.37 Uhr. Sanssouci. Als die Gruppe aus dem Tor in Richtung Limousinen geht, spielt Agris Jakobsons „Die Ankunft der Königin von Saba“ von Händel. Camilla steigt in ihren Wagen und fährt ab.

13.55 Uhr. Telegrafenberg. Charles verlässt das PIK-Hauptquartier. Jetzt fotografieren sogar die Polizisten. Der Thronfolger steigt in seinen schwarzen BMW, winkt und rauscht von dannen. Kein Händeschütteln mit den Schaulustigen, kein Wort an die Presse.

14.00 Uhr. Telegrafenberg. Schellnhuber und Wanka stellen sich den Fragen. Der PIK-Chef ist beeindruckt von Charles’ Vorschlag zur Rettung der Regenwälder. „Die Pläne sind mit das Beste, was ich bisher gesehen habe“, sagt er. Die Idee klingt simpel: Jeder Bauer, ob im Kongo oder im Dschungel Brasiliens, sollte Geld bekommen, um die Abholzung zu stoppen. Eine lückenlose Überwachungskette soll dafür sorgen, dass das Geld auch dort ankommt, wo es hin soll. Das sei das „billigste Mittel“, um die Kohlendioxidemission zu verringern: „Weniger als 20 Euro pro Tonne Kohlendioxid.“ Wanka ist „stolz“, dass der Wissenschaftsstandort „jetzt weltweit so anerkannt wird“. Charles’ Charme ist sie auch erlegen. „Erstaunlich herzlich ist er“, schwärmt sie, „sehr interessiert und unprätentiös – so ganz anders als das Bild, das die Boulevardpresse vermittelt.“

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