
© Sebastian Gabsch
Neues Kunstdepot in Potsdam: Königliches Silber hinter meterdicken Wänden
Die Schlösserstiftung feierte Richtfest für das neue Kunstdepot nahe dem Hauptbahnhof.
Stand:
Innenstadt - Porzellan. Silberbesteck. Möbel, Uhren und Orden. Tapeten und Vorhänge. Bilderrahmen und Bilder, darunter sicher auch „Porträts von nicht sonderlich geliebten Vorfahren“ der jeweils herrschenden Preußenkönige. „Bei den Hohenzollern“, sagt Hartmut Dorgerloh, „hat sich in ihrer 500-jährigen Regentschaft viel angesammelt.“ 30 000 aussortierte Kunstgegenstände sind es insgesamt, die die Schlösserstiftung verwaltet und bislang an sieben verschiedenen Standorten in Berlin und Brandenburg lagert – teils auf Dachböden, teils in angemieteten Hallen, in jedem Fall aber unter alles andere als idealen Bedingungen, wie Stiftungs-Generaldirektor Dorgerloh betont.
Ab 2018 soll das anders werden. Dann können erstmals in der Geschichte alle Kunstgegenstände der Stiftung, für die es bislang keine museale Verwendung gibt, an einem Ort verwahrt werden, in einem Neubau, der klimatisch und räumlich optimalen Schutz bietet. Am gestrigen Donnerstag wurde für das sogenannte Zentrale Kunstgutdepot, kurz ZED, in der Friedrich-Engels-Straße Richtfest gefeiert. Den zwölf Millionen Euro teuren Neubau errichtet die Schlösserstiftung wie berichtet mit Mitteln aus dem ersten, mit 155 Millionen Euro gefüllten Masterplan-Topf, den der Bund, Brandenburg und Berlin zur Rettung des bedrohten preußischen Kulturerbes aufgelegt hatten. Diese Fördermittel seien nicht nur für Sanierungsmaßnahmen gedacht, sagt Günter Winands, Ministerialdirektor im Kulturstaatsministerium des Bundes. Auch die beweglichen Kulturgüter müssten geschützt werden. Daher sei es nur folgerichtig, aus dem Masterplan-Topf auch einen Neubau zu bezahlen.
Und der soll konservatorisch höchsten Ansprüchen genügen: 85 Meter lang, 35 Meter breit, elf Meter hoch, insgesamt rund 5100 Quadratmeter Nutzfläche, verteilt auf zwei Geschosse. Fast einen Meter dicke Wände sollen dafür sorgen, dass im Innern Temperatur und Luftfeuchtigkeit möglichst konstant bleiben.
Im Depot muss genauestens auf das Raumklima geachtet werden
Je nach Material des gelagerten Kunstgutes darf die Raumtemperatur 18 Grad nicht unter- und 26 Grad nicht übersteigen, die Luftfeuchtigkeit darf zwischen 40 und maximal 60 Prozent schwanken. Es gibt Räume, in denen die Kunstobjekte ver- oder ausgepackt werden können, es gibt Akklimatisierungsräume, in denen die Kunstgüter ans Raumklima gewöhnt werden, sogar Quarantäneräume gibt es. „Wir müssen schließlich sicherstellen, dass ein möglicher Holzwurmbefall nicht auf andere Objekte übergreift“, erklärt Ayhan Ayrilmaz, Architektur-Chef der Stiftung. Tauchen Holzwürmer auf, geht es ab in die Stickstoffkammer – dort wird den Insekten dann der Garaus gemacht.
Von einem langen Flur gehen auf beiden Seiten jeweils die Lagerräume ab. Deren Größen schwanken zwischen 180 und 250 Quadratmetern. Die Ausstattung wird minimalistisch sein. Die noch nackten Ziegelwände werden lediglich verputzt – des besseren Raumklimas wegen, wie Projektleiterin Kerstin Laurenz erläutert. Hinein kommen dann jede Menge Regalreihen. „Man muss sich das wie in einer Bibliothek oder einem Archiv vorstellen“, sagt Ayrilmaz. Im Erdgeschoss sollen vor allem Gemälde und Möbel gelagert werden, ins Obergeschoss kommen Textilien, Metallgegenstände, Glas und Porzellan. Fenster benötigt das Gebäude nicht, was von außen danach aussieht, sind lediglich Entrauchungsklappen.
Die Umzugsvorbereitungen sind bereits in vollem Gange
Obwohl bis zur Fertigstellung des Gebäudes noch fast ein Jahr ins Land geht, sind die Vorbereitungen für den Umzug bereits in vollem Gange. In allen sieben Depotstandorten, ob im Neuen Palais, im Schloss Charlottenburg oder in Königs Wusterhausen, seien die Mitarbeiter schon dabei, die eingelagerten Kunstgegenstände zu sichten, zu reinigen, zu inventarisieren und zu verpacken, sagt Ayrilmaz. Der Umzug, der Anfang 2018 beginnen soll, werde sich dann wohl über ein paar Monate hinziehen. Für den Transport der Güter innerhalb des Gebäudes wird ein Lastenaufzug eingebaut, dessen gewaltige Ausmaße bereits der leere Schacht erkennen lässt.
Das neue Depot sei ein „besonders nachhaltiger Bau“, sagt der Architekturchef. Weil die Temperatur im Innern über die dicken Außenmauern gesteuert wird, habe man auf komplizierte Klima- und Haustechnik weitgehend verzichten können. Zudem könne das sogenannte Sheddach, dessen Sägezahnform eine Reminiszenz an die denkmalgeschützten Nachbarbauten des früheren RAW-Geländes darstellt, später noch mit Solarzellen nachgerüstet werden.
Ministerialdirektor Winands hofft, dass das Gebäude später vielleicht selbst „ein Klassiker“ und womöglich „für die nächsten 200 oder 300 Jahre“ zentraler Standort für die Kunstbestände der Schlösserstiftung bleiben werde. Es sei wichtig, die Kunstgüter, auch wenn sie aktuell nicht benötigt würden, für die Zukunft zu bewahren. Daher soll in dem Gebäude auch an den Objekten geforscht werden: Die Arbeitsräume sind klimatisch von den Lagerräumen getrennt.
In ein paar Jahren soll das Depot noch einmal erweitert werden – um einen Neubau, der künftig die Skulpturensammlung beherbergen soll, die sich derzeit hauptsächlich über den Schirrhof im Park Sanssouci verteilt. Dieses zweite Gebäude, das zwischen dem derzeitigen Neubau und den Bahngleisen errichtet werden soll, will die Stiftung aus dem zweiten Masterplan-Topf bezahlen. Diesmal geben der Bund, Brandenburg und Berlin dafür 400 Millionen Euro.
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