
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Konkurrenz der Freiwilligendienste
Während Jugendliche gern freiwillig Dienst tun, streiten sich der Bund und die Trägerverbände
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Seit Ende der Wehrpflicht im Juli gibt es den Bundesfreiwilligendienst (BFD) neben bekannten Diensten wie dem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) oder dem Ökologischem Jahr. Während die Nachfrage nach den alten Diensten ungebrochen ist, sorgt der neue BFD für Ärger.
Ein großer Träger von Freiwilligendiensten in Brandenburg ist der Internationale Jugendgemeinschaftsdienst (IJGD). In der vergangenen Woche begannen 300 neue Freiwillige beim IJGD, der insgesamt etwa 900 Plätze im Land anbietet. Eine davon ist Severin Donner: „Ich will meine soziale Kompetenz fördern und Probleme lösen“, sagt die 21-Jährige aus Strausberg. Sie wird in einer Wohngruppe für Kinder und Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen arbeiten und sie ein Jahr lang betreuen. Es sei eine spontane Entscheidung gewesen, sich für das Freiwillige Soziale Jahr zu entscheiden, erzählt die frischgebackene Abiturientin, die später Erziehungswissenschaften in Berlin studieren will.
Burkard Jungkamp, Staatssekretär im brandenburgischen Ministerium für Jugend, Sport und Bildung, unterstrich bei der Begrüßung der IJGD-Freiwilligen, dass die ganze Gesellschaft vom Dienst der Freiwilligen profitiere und damit die soziale Infrastruktur der Gesellschaft intakt gehalten werde. Der soziale Aspekt gab auch für Monique Gerschke bei ihrer Wahl für das FSJ den Ausschlag. Die 18-Jährige, die aus Wünsdorf kommt, verrichtet ihr soziales Jahr in der Waldkita in Templin und verbindet soziale Arbeit mit der Natur. „Ich fand die Idee toll, mit Kindern zu arbeiten und gleichzeitig ökologisches Bewusstsein entwickeln zu können“, sagt die junge Freiwillige.
Der Freiwilligendienst gilt dem Geschäftsführer der IJGD, Torsten Schramm, zufolge als Orientierungsphase für junge Menschen: „Dieser Dienst kann helfen, ein ökologisches Bewusstsein, soziale Kompetenz und gesellschaftliches Verständnis zu entwickeln.“ Insgesamt stehen 80 000 geförderte Plätze in Deutschland für Freiwilligendienste in den Bereichen Sport, Soziales, Umwelt, Kultur und Politik zur Verfügung. Jugendliche im Alter von 16 bis 26 Jahren leisten in den Bereichen Soziales, Ökologie sowie Denkmal- und Gartenpflege einen Dienst für die Gesellschaft.
Ein Streitthema ist momentan jedoch die Eingliederung des Bundesfreiwilligendienstes: Dieser soll den Zivildienst ersetzen, der wegen der Abschaffung der Wehrpflicht weggefallen ist. Schramm bestätigte den PNN, dass eine Konkurrenz zum FSJ entstanden sei. „Das FSJ ist mit dem BFD nicht auf Augenhöhe", sagt Schramm. Die Träger müssten für höhere Sachkosten bei der Verwaltung aufkommen und erhielten weniger finanzielle Förderung als der BFD, erläuterte der IJGD-Chef die Rahmenbedingungen beider Dienste. Bei den Freiwilligen selbst ist der BFD, den das zuständige Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben gern als „Bufdi“ bewirbt, noch nicht sehr gefragt. Ursache ist, dass bisher nicht geklärt ist, ob die Eltern dieser Dienstleistenden weiter Kindergeld bekommen. Zudem sind die anderen Dienste etabliert – und für die Träger dennoch kein Minusgeschäft.
Das Bundesfamilienministerium ersucht derzeit gegenüber dem Bundesverband der Wohlfahrtspflege durchzusetzen, dass auf drei Plätze im FSJ mindestens zwei im Bundesfreiwilligendienst kommen sollen. Für mehr sollte es keine Förderung geben. Im August einigten sich beide Seiten darauf, dass mindesten 30 000 Plätze im FSJ gefördert werden.
Für die schlechte Nachfrage nach dem BFD sucht das Bundesfamilienministerium die Schuld einstweilen bei den Trägern: Medienberichten zufolge ließ das Ministerium unter falschem Namen bei Trägern anrufen, um herauszufinden ob diese den „Bufdi“ auch dann bewerben, wenn sich ein Interessent für das FSJ meldet – um die vorgegebenen Relationen einzuhalten. Aus Potsdam sind solche Anrufe bisher nicht bekannt.
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