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Landeshauptstadt: Konsequenzen nach Missbrauchsvorwürfen

Leitungsebene des Wohnheims der Elite-Sportschule suspendiert / Rathaus: Kinderschutz-Experten sollen Internatsmitarbeiter „sensibilisieren“

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Nach Missbrauchsvorwürfen gegen zwei Elftklässler der Potsdamer Elite-Sportschule „Friedrich Ludwig Jahn“ gibt es weitere Konsequenzen. Inzwischen sind zwei Mitarbeiterinnen des Schulinternats, in dem sich das Geschehen ereignet haben soll,„mit sofortiger Wirkung bis zur Klärung der Angelegenheit“ suspendiert. Das teilte das Rathaus in einer Erklärung mit. Nach PNN-Informationen geht es dabei um die Leiterin des Wohnheims und ihre Stellvertreterin. Der Grund für die Maßnahme: Obwohl die Angestellten von den mutmaßlichen Übergriffen der Elftklässler auf zwei 13 und 14 Jahre alte Jungen erfahren haben sollen, hätten sie nicht geholfen und zwei Wochen gewartet, ehe erst auf Druck eines weiteren Mitarbeiters die Justiz informiert wurde.

Außerdem habe die Stadt mit der Start gGmbH „einen kompetenten Träger der Jugendhilfe“ eingeschaltet, sagte Sozialdezernentin Elona Müller-Preinesberger (parteilos). Die Start-Berater betreiben unter anderem eine Fachstelle Kinderschutz und sollen laut der Beigeordneten im Wohnheim „ab sofort die Mitarbeiter bei ihrer Arbeit fachkompetent begleiten.“ Ziel sei es, die Mitarbeiter so zu sensibilisieren, dass sich solche Vorgänge nicht wiederholen. Ein Stadtsprecher bestätigte zudem , Bestandteil der Gespräche in den nächsten Tagen sei auch der Ansatz, die Zahl der mehr als 30 Erzieher in dem Wohnheim noch zu erhöhen.

Der Vorwurf, niemand über den Missbrauchsverdacht informiert zu haben, wird auch gegen einen Handball-Landestrainer erhoben. Auch er ist inzwischen bis zur Klärung des Falls suspendiert, sagte gestern Andreas Gerlach, Chef des Landessportbundes. Sollten sich die Vorwürfe gegen den Trainer bestätigen, sei dies als „unterlassene Hilfeleistung“ gegenüber Schutzbefohlenen zu werten.

Deutliche Worte für das Verhalten der Erzieher und des Trainers fand gestern Stephan Breiding, Sprecher des brandenburgischen Bildungsministerium: Die Krisenkommunikation habe „nicht funktioniert“. Die Aufklärung der Angelegenheit sei so „verschleppt“ worden. Handlungsempfehlungen für solche Situationen hat das Ministerium schon seit 2009 in Form eines Notfallplans an alle Schulen im Land ausgereicht – danach sollen Pädagogen beim Verdacht auf sexuelle Übergriffe Opferhilfe-Maßnahmen einleiten, informieren und das Geschehen aufarbeiten.

In der Sache ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der sexuellen Nötigung. Zwei 16 Jahre alten Schülern wird vorgeworfen, am Abend des 27. Septembers zwei 13 und 14 Jahre alte Mitschüler auf deren Zimmer misshandelt zu haben. Breiding sagte, nach Anhörung der mutmaßlichen Täter sei „klar“, dass es einen „gewaltsamen Übergriff“ gegeben habe. Unklar sei das Ausmaß der Gewalt. Es stehe Aussage gegen Aussage: Eines der Opfer sage demnach, es sei mit einem Besenstiel penetriert worden. Die Angreifer hingegen beteuerten, sie hätten das nur angedeutet. Die mutmaßlichen Täter haben Hausverbot für das Internat. Eine Klassenkonferenz beschloss gestern Abend, dass die zwei Schüler weitere 14 Tage vom Unterricht suspendiert bleiben – mehr hätte diese Runde nicht entscheiden können. Eine Gesamtlehrerkonferenz werde über weitergehende Konsequenzen wie einen Schulverweis beraten, so Breiding.

Der Ministeriumssprecher betonte, bislang gingen die Behörden von einem Einzelfall aus. Ebenfalls öffentlich gewordene Vorwürfe des Mobbings unter Schülern in dem Wohnheim würden aber geprüft. Es gebe das Angebot an die Schüler, sich zu melden. Jedoch liegen den PNN mehrere Aussagen von früheren „Jahn“- Schüler und -Lehrern vor, dass es in dem Wohnheim der Sportschule schon seit Jahren immer einmal wieder zu Fällen von Gewalt gekommen ist – ohne dass sie, wie jetzt, publik geworden sind.(mit dapd)

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