Landeshauptstadt: Korruptionsbekämpfer lobt Potsdam
Transparency International sieht wirksames Vorgehen gegen Bestechlichkeit im Rathaus und den städtischen Konzernen
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Die renommierte Antikorruptionsorganisation Transparency International (TI) lobt die Potsdamer Stadtverwaltung für ihr Wirken gegen Vorteilsnahme und Bestechlichkeit. Inzwischen habe Potsdam in diesem Bereich eine Vorreiterrolle übernommen, sagte Jochen Bäumel aus dem TI-Vorstand nach einem Arbeitsbesuch im Rathaus am Mittwoch. Dabei hatte sich der 72-jährige frühere ARD-Journalist über die Anstrengungen der Stadt bei der Korruptionsprävention informiert.
Potsdam ist seit 2010 Mitglied bei Transparency. Anlass waren damals unter anderem Vorwürfe der Bestechlichkeit in der Ausländerbehörde. Doch vor allem die sogenannte Stadtwerke-Affäre hatte den Druck auf die Stadt und ihre Unternehmen erhöht, sich transparenter aufzustellen. Bäumel sagte den PNN, in den großen Firmen wie der Bauholding Pro Potsdam, dem Klinikum „Ernst von Bergmann“ und den Stadtwerken sei nun das Sponsoring transparent geregelt und die Geschäftsführer seien durch Richtlinien zur Einhaltung bestimmter Regeln gezwungen. „Es ist nicht nur geredet worden. Inzwischen herrscht Transparenz in Bereichen, in denen es vorher keine gab“, sagte Bäumel. In den Konzernen der Stadt seien Antikorruptionsbeauftragte installiert. Zudem gibt es eine für die Unternehmen, aber auch die Stadtverwaltung zuständige Ombudsfrau, die Hinweise auf Bestechlichkeit unabhängig bearbeiten soll und für Tippgeber Anonymität garantiert. Auch in der Stadtverwaltung wurde der Bereich Korruptionsbekämpfung umstrukturiert. Am Mittwoch wurde die neue Antikorruptionsbeauftragte Dorothee Reinert vorgestellt (siehe Kasten). Im Vergleich zu anderen Städten liege Potsdam in Sachen Korruptionsprävention inzwischen im obersten Fünftel, bilanzierte Bäumel: „Nach der umstrittenen Vergangenheit hat Potsdam einen Neuanfang geschafft.“
Das nächste Projekt in Sachen Korruptionsbekämpfung steht bereits fest: Nach der Sommerpause soll wie berichtet ein sogenannter Gefährdungsatlas für das gesamte Rathaus vorliegen, sagte der Chef des städtischen Rechnungsprüfungsamts Christian Erdmann. Der Atlas soll zeigen, wie stark einzelne Bereiche und Positionen innerhalb des Rathauses für Korruption anfällig sind. Dafür sollen Mitarbeiter unter anderem per Fragebogen beantworten, wie hoch die Geldsummen sind, über die sie entscheiden, welchen Ermessensspielraum sie dabei besitzen und ob sie immer mit den gleichen Firmen zusammenarbeiten. Mithilfe der Übersicht soll abgeleitet werden, wie stark bestimmte Bereiche in der Verwaltung kontrolliert werden müssen. Vor Journalisten nannte Erdmann als ein Beispiel die Führerscheinstelle: Für Bürger, denen der Verlust ihrer Fahrerlaubnis drohe, bestehe durchaus die Versuchung, einen Mitarbeiter zu bestechen. Erdmann verwies auch auf schon bestehende, den PNN vorliegende Dienstanweisungen etwa zum Umgang mit Geschenken. „Die Annahme von Vorteilen für sich oder einen Dritten ist den Beschäftigten nicht gestattet“, lautet ein Grundsatz in diesen Regelungen. Würden dem Beschäftigten Vorteile angeboten oder aufgedrängt, so habe er diese zurückzuweisen und seine Vorgesetzten darüber unverzüglich in Kenntnis zu setzen – und im Zweifelsfall auch die Antikorruptionsbeauftragte. Allerdings dürfen im Einzelfall Geschenke im Wert von unter 25 Euro nach Rücksprache mit dem Chef angenommen werden, so die Anweisung.
Auch die Teilnahme an etwa Empfängen auf Kosten des Veranstalters bedürfe der schriftlichen Zustimmung des Vorgesetzten. So hatte es nach PNN-Informationen in der Vergangenheit bereits Diskussionsbedarf gegeben, weil bestimmte Träger der Jugendhilfe mehrfach Angestellte des Jugendamts zu Festen eingeladen hatten – diese Mitarbeiter dann aber wiederum über Finanzen für diese Träger entscheiden sollten.
Wie es weiter heißt, gehen pro Jahr rund 30 bis 40 Hinweise auf Korruption bei der Stadtverwaltung ein. Viele davon entpuppen sich aber als nicht stichhaltig. Jedoch sei in einem aktuellen Fall die Strafverfolgung aufgenommen worden, wie Korruptionsbeauftragte Dorothee Reinert auf Nachfrage bestätigte. Details zu den Ermittlungen nannte sie nicht. Sie verwies dabei auf die bei einer Veröffentlichung bedrohten Persönlichkeitsrechte der Verdächtigen, sollten sich die Anschuldigungen als falsch erweisen.
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