Grundschulen in Potsdam: Kostenfreies Frühstück für alle, die hungrig sind
Die Pläne für ein Modellprojekt an fünf Grundschulen werden konkreter. Lehrer berichten von Kindern, die nie Pausenbrote dabei haben.
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Potsdam - An den fünf Potsdamer Grundschulen, die ab dem neuen Schuljahr im September kostenloses Frühstück anbieten werden, können alle Schüler von dem Angebot Gebrauch machen. Das teilte jetzt die Potsdamer Stadtverwaltung auf PNN-Nachfrage mit. Mit dieser Regelung wird das Frühstücks-Modellprojekt nun konkretisiert. Zuvor war ungeklärt, wie die Bedürftigkeit der Kinder festgestellt werden soll. Jetzt ist klar: „Es können alle Kinder, die frühstücken wollen, am Programm teilnehmen“, wie ein Stadtsprecher sagte.
Der Bedarf an den fünf ausgewählten Schulen sei durch eine Abfrage an den mehr als 20 Grundschulen vorab geklärt worden. Ergänzt wurde dies durch statistische Daten. Im Februar hatten der Finanzausschuss und die Stadtverordneten 50 000 Euro für das Modellprojekt bewilligt. Das Landessozialministerium zahlt außerdem eine finanzielle Starthilfe.R
Kinder ohne Frühstück: Nachfrage in Potsdam womöglich höher als gedacht
Rund 350 Kinder sollen laut Bildungsdezernat davon profitieren. Kostenloses Frühstück gibt es dann in der Regenbogenschule Fahrland, der Waldstadt-Grundschule, der Fontane-Oberschule, der Grundschule Am Humboldtring und der Groß Glienicker Pestalozza-Grundschule. Laut der Fraktion Die Linke haben jedoch zwei weitere Schulen Bedarf angemeldet – ob sie mit in das Projekt aufgenommen werden, soll die Stadtverwaltung am Mittwoch in der Stadtverordnetenversammlung beantworten. Bereits jetzt gibt es in fünf weiteren Schulen kostenloses Frühstück, das von der ehrenamtlichen Spirellibande der Arbeiterwohlfahrt (AWO) für 250 Kinder angeboten wird. Dieses wird unabhängig vom Modellprojekt weiter bestehen.
Die genaue Ausgestaltung des neuen Frühstücksangebots organisieren die Schulen selbst. Die meisten greifen dafür auf ihr Schulcatering zurück. So auch die Waldstadt-Grundschule. „Unsere Idee ist, das Frühstück in der Pause ab 9.30 Uhr anzubieten“, erklärte Schulleiterin Ute Gehrmann den PNN. „Für die erste bis dritte Klasse soll das Essen direkt mit einem Wagen in die Klassenzimmer gebracht werden. Die Viert- bis Sechstklässler können den Speiseraum nutzen.“ Das Angebot richte sich in erster Linie an die Kinder, die wirklich ohne Frühstück kämen. Aber teilnehmen könne jeder, der das möchte. Sie rechne nicht damit, dass die Nachfrage wesentlich höher sei als berechnet. „Viele Kinder essen ja nicht einmal das Brot, das sie dabei haben.“ Die Waldstadt-Grundschule hat 430 Schüler. Gehrmann rechnet mit einem Bedarf von maximal 100 Schülern für das kostenlose Frühstück. „Etwa 80 bis 85 Kinder bekommen vor der Schule kein Frühstück zu Hause oder holen höchstens noch etwas von Kaufland auf dem Weg und bringen auch nichts für die Pause mit.“ Gerade in der ersten Zeit nach den Sommerferien sei das Problem jedes Jahr bei sozial bedürftigen Familien sehr präsent. Nach ihrer Einschätzung liege das nicht primär an den finanziellen Mitteln, sondern daran, dass die Eltern sich nicht darum kümmerten. „Deshalb begrüße ich diese Initiative sehr“, betonte sie. Sie versteht das Angebot auch schulintern als Versuch, der Bedarf und die genaue Ausgestaltung könnten Woche für Woche angepasst werden. Sie wünsche sich, dass auch das Mittagessen für bedürftige Kinder ganz kostenlos angeboten würde. „Dann würden sicher mehr Schüler daran teilnehmen.“ Bisher bezahlen sie einen Euro pro Tag.
Manche bekommen nur Chips und Cola
Grit Meinhold, Schulleiterin an der Pestalozza-Grundschule, findet das Modellprojekt ebenfalls „eine sehr schöne Sache“. Auch an ihrer Schule wisse sie um Kinder, die regelmäßig vor dem Unterricht zu Hause nicht gefrühstückt und auch kein Pausenbrot dabei hätten. „Wir kennen unsere Schüler gut. Die Klassenlehrer haben da den besten Überblick, wer betroffen ist. Bei ihnen melden sich immer wieder Kinder, die hungrig sind“, berichtete sie. Betroffen seien von 300 Schülern an ihrer Schule etwa 20. Zunächst habe sie mit einem höheren Bedarf gerechnet, so Meinhold, denn sie habe die Kinder mit eingerechnet, die „nur Chips und Cola mitbekommen“. Eine Prüfung der Bedürftigkeit werde es auch hier nicht geben, das Angebot stehe offen für alle, die gerne möchten. Die Ausgabe des Frühstücks soll vor Unterrichtsbeginn stattfinden, ab 7.30 Uhr bis kurz vor 8 Uhr. Zum Angebot gehören frisch vor Ort vorbereitetes Müsli, Brot, Brötchen und verschiedener Belag, angeboten auf einem Büffet.
Die Fraktion Die Linke will darauf hinwirken, dass alle Schulen das Frühstück vor Schulbeginn anbieten – sonst müssten die Kinder ja bis 9.30 Uhr zwei Schulstunden hungrig absolvieren.
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