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Landeshauptstadt: Kratzer im Lack

Dienstwagen-Affäre führt bundesweit zu Kritik an der Treberhilfe – in Potsdam baut sie das Tierheim

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Potsdam/ Berlin - Der Potsdamer CDU-Stadtverordnete Peter Schultheiß attackiert die Treberhilfe. Das gemeinnützige Unternehmen soll Potsdams neues Tierheim errichten. „Die Stadtverwaltung sollte das Ausschreibungsverfahren zum Tierheim und ihre Verträge mit der Treberhilfe noch einmal genau überprüfen und die Zusammenarbeit bis zum Ergebnis der Kontrolle durch einen zuständigen Landesrechnungshof aussetzen“, sagte Schultheiß gestern. Damit beteiligt sich der CDU-Mann als einer der ersten Stadtpolitiker an der bundesweite Diskussion um die Treberhilfe – und deren Dienstwagenaffäre der besonderen Art.

Die Debatte wird seit Mitte der Woche geführt: Darf ein Unternehmen wie die Treberhilfe, das mit staatlichen Fördermitteln vor allem Obdachlosenprojekte betreibt, Luxus-Dienstwagen besitzen? Am Mittwoch war bekannt geworden, dass ein auf die Treberhilfe zugelassener Maserati im vergangenen Juni in Mecklenburg-Vorpommern bei einer Geschwindigkeitskontrolle „geblitzt“ worden war. Unklar ist, ob der Harald Ehlert als Chef der Hilfsorganisation oder doch einer seiner beiden Chauffeure den – gebrauchten – Dienstwagen gefahren hat.

Vor allem an dem Autotyp entzündet sich Kritik. „Wir sind der Auffassung, dass dieser Wagen nicht ins Bild einer sozialen und gemeinnützigen Organisation passt“, sagte Thomas Dane aus dem Vorstand der Berliner Diakonie, zu der auch die Treberhilfe gehört. Nun werde mit dem Geschäftsführer über Konsequenzen gesprochen. „Wir gehen davon aus, dass die Treberhilfe künftig ein Dienstfahrzeug fährt, das zu einer solchen Organisation passt.“ Sonst drohe der Treberhilfe der Ausschluss aus dem Diakonischen Werk, so Dane – und damit weiterer Imageschaden.

Harald Ehlert indes sieht seinen Wagen als notwendiges Übel, um in der Wirtschaftswelt als Investor ernst genommen zu werden. „Sie werden nicht respektiert, wenn Sie genauso bedürftig sind wie Ihre eigenen Klienten“, verteidigte er sich am Donnerstagabend auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz gegen alle Vorwürfe. Man arbeite unkonventionell, aber absolut seriös. Der Wagen sei „ein leicht provokatives Symbol“, um den „Willen zur Gleichberechtigung im Wirtschaftsleben“ durchzusetzen.

Die Treberhilfe fing vor 20 Jahren an als das, was ihr Name beschreibt: Streetworker kümmerten sich um Obdachlose. Heute steht der „Big Boss“ einem mittelständischen Unternehmen vor, sieben Millionen Euro hat er in den vergangenen drei Jahren investiert. Kritiker sagen, die Treberhilfe gewinne Ausschreibungen mit Dumpingpreisen. Seinen Mitarbeitern zeigte er sich aber zuletzt auch bei Weihnachtsfeiern gegenüber großzügig. Regelmäßig gibt es Fortbildungen im firmeneigenen Tagungszentrum in Caputh, wo Ehlert seinen Zweitwohnsitz hat.

Eines der nächsten Treberhilfen-Projekte soll über eine eigens für das Land Brandenburg gegründete Tochter in Potsdam entstehen: Das neue Tierheim für Potsdam. Widerstand gegen die „Tierinsel“ im Ortsteil Eiche leistet bisher eine Bürgerinitiative. Mit der Maserati-Affäre gibt es neue Kritiker – wie etwa Schultheiß. „Allein die Treberhilfe Brandenburg hat ein Stammkapital von 350 000 Euro – da liegt der Verdacht nahe, dass diese Gesellschaft zu viel Geld vom Staat bekommt.“ Unterstützung für erhält Schultheiß von der Linken: Ihr Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg sagte gestern, angesichts der Debatte müsse die Vergabe des Tierheim-Auftrags an die Treberhilfe noch einmal „grundsätzlich“ geprüft werden – es gäbe schließlich auch noch den Potsdamer Tierschutzverein als möglichen Tierheimbetreiber.

Ehlert verteidigte sich gestern weiter gegen die Kritik – auch gegen die aus Potsdam. Die 350 000 Euro seien für den Bau der „Tierinsel“ reserviert, so Ehlert: „Wir sind ein Investor.“ Und im Vergleich zu anderen gemeinnützigen und steuerrechtlich begünstigten Trägern „wesentlich transparenter“. Zugleich machte Ehlert auch klar, dass er an dem Maserati nicht in jedem Fall festhalten wolle: „Der Zweck heiligt die Mittel, solange die Mittel nicht den Zweck zerstören.“ HK/den/loy/dpa

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