
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Kritik an Förderpolitik für Nahverkehr
Verkehrsbetriebe und Stadt warnen vor Kürzung beim ÖPNV / Bauprojekte in Gefahr/ Preiserhöhung droht
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Innenstadt - Die geplante Sanierung der Friedrich-Ebert-Straße und die Erneuerung der Straßenbahn-Schienen in der Heinrich-Mann-Allee stehen auf dem Spiel, an die vorgesehene Erweiterung des Tram-Schienennetzes zum Plattner-Campus am Jungfernsee sei nicht mehr zu denken: Martin Grießner, der Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe Potsdam (ViP), warnt gemeinsam mit den Chefs anderer brandenburgischer Verkehrsunternehmen vor dem drohenden Rückzug des Bundes aus der Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs. Sollten die Planungen umgesetzt werden, könnte das in letzter Konsequenz auch Auswirkungen auf den Fahrscheinpreis haben, sagte Grießner am Dienstag: „Auch der Fahrer muss dann zur Finanzierung beitragen.“
Verantwortlich für die drohenden Probleme sind aus Sicht der Verkehrsunternehmen sowohl der Bund als auch das Land Brandenburg: Das Land zahle bereits heute „keinen einzigen Euro“ für den öffentlichen Nahverkehr und reiche lediglich Bundesmittel weiter, kritisierte Werner Faber vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen. Während es bisher projektbezogene Unterstützung für das Tramnetz gab, soll die Förderung ab 2014 zunächst gedeckelt werden: Dann stünden landesweit pro Jahr fünf Millionen Euro für ganz Brandenburg zur Verfügung. Laut Faber wäre aber allein für die Erhaltung der vorhandenen Netze mindestens das Doppelte nötig. In einem zweiten Schritt ab 2020 gebe es überhaupt kein Bundesgeld mehr für die Tram-Netze, warnen die Verkehrsunternehmen.
In Potsdam stehen laut ViP-Chef Martin Grießner zwei wichtige Sanierungvorhaben auf dem Spiel: So geht es einerseits um die ab 2013 vorgesehene Erneuerung der Gleisanlagen in der Friedrich-Ebert-Straße zwischen Alleestraße und Platz der Einheit. Das Projekt soll nach ViP-Berechnungen 7,1 Millionen Euro kosten – 75 Prozent davon sollten aus Bundesmitteln finanziert werden, 25 Prozent die Stadt Potsdam zahlen. Nach derzeitigem Stand werde es aber höchstens noch für den ersten Bauabschnitt Geld vom Bund geben, so Grießner. Ebenso unsicher wird auch die ab 2016 geplante Sanierung der Gleise in der Heinrich-Mann-Allee zwischen Leipziger Dreieck und Bahnhof Rehbrücke, die nach bisherigen Planungen 15 Millionen Euro kosten würde. „Die Stadt müsste dann allein dafür sorgen, dass die Infrastruktur erhalten bleibt“, erklärt Grießner.
Doch dafür ist bei der derzeitigen Haushaltslage kein Geld da, heißt es aus dem Rathaus: „Große Straßenbahnbaumaßnahmen können wir uns dann abschminken“, sagte Stadtsprecher Stefan Schulz den PNN. Auch der Neubau von Tram-Strecken – konkrete Pläne gibt es wie berichtet für die Erweiterung vom Bornstedter Feld in Richtung Jungfernsee – könne allein aus der Stadtkasse nicht gestemmt werden. „Wenn die Landesmittel zurückgehen, haben wir ein großes Problem“, so Schulz. Der Kauf der insgesamt 18 neuen Vario-Bahnen für Potsdam bis 2014 (PNN berichteten) sei durch die aktuelle Entwicklung aber nicht in Gefahr, hieß es gestern übereinstimmend von den Verkehrsbetrieben und aus dem Rathaus.
Tatsächlich habe Potsdam bislang von der Bundes-Förderung profitiert, erinnerte ViP-Chef Grießner. So seien in der Vergangenheit allein 7,5 Millionen Euro Bundesgeld in die Verlegung der Gleise zur Vorbereitung auf den Landtagsneubau am Alten Markt geflossen. Auch die neuen Gleisanlagen auf der Humboldt-Brücke sei nur durch die Bundesförderung ermöglicht worden. „Der Bund muss weiter in die Bresche springen“, fordert Grießner. Nach seinen Angaben werden die Verkehrsbetriebe Potsdam zu 23 Prozent aus Bundesgeldern finanziert, 36 Prozent macht der Fahrscheinverkauf aus, 11 Prozent zahlt die Stadt, 24 Prozent die Stadtwerke, der Rest wird unter anderem über den Schwerbehindertenausgleich vom Land getragen. Brandenburgs Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) sagte gestern zu, sich für den Erhalt der Bundesförderung einzusetzen. (mit dpa)
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