Landeshauptstadt: Kritik von allen Seiten
Politik, Kirche, Bürger gegen Parkeintritt-Plan der Schlösserstiftung / Statt 25 dann nur noch elf Eingänge
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Sanssouci - Sollte die Schlösserstiftung ihren Plan wahr machen und ab 2013 für einen Besuch des Parks Sanssouci zwei Euro Eintritt erheben, müssten mehr als die Hälfte der Eingänge zu dem riesigen Areal schließen. Wie Stiftungschef Hartmut Dorgerloh gestern erklärte, wären von den jetzt 25 Eingängen zum Park dann nur noch elf geöffnet – jeweils besetzt mit bis zu vier Mitarbeitern zum Kassieren. „Viele Details sind aber noch nicht geklärt“, sagte Dorgerloh.
Doch solche Feinheiten interessieren Kritiker des Vorhabens schon jetzt. Nachdem der Plan der Stiftung für einen Parkeintritt zwischen Ostern und Ende Oktober gestern bekannt wurde, gibt es bereits massive Proteste. Ein Skeptiker ist Daniel Zeller, betroffener Anwohner aus Potsdam-West und Gründer der Bürgerinitiative „Westkurve“, die einen Sportplatz direkt am Park Sanssouci saniert. Er hält die Schließung von Eingängen für inakzeptabel: „Diese Wege sind wichtig für die Nachbarschaft.“ Grundsätzlich verliere der Park seinen „offenen und einladenden Charakter“, wenn bei jedem Weg erst eine Einlasskontrolle passiert werden müsse, sagte Zeller. So werde es für die Potsdamer auch immer schwerer, für die „notwendige Erhaltung“ der Gartenanlagen Akzeptanz zu gewinnen, eine „Entfremdung“ mit dem Gesamtkunstwerk Sanssouci sei zu befürchten.
Auch Potsdams evangelisches Kirchenoberhaupt, Superintendent Joachim Zehner, wandte sich gegen die Pläne: „Der Park sollte allgemein öffentlich zugänglich bleiben.“ So steht die evangelische Friedenskirche im Park Sanssouci. Nahe des Parks befinden sich zudem das katholische Krankenhaus St. Josef und mehrere Kitas sowie Schulen und auch das Universitätsgelände.
Angesichts der Vielzahl potenziell betroffener Bürger im Umfeld des Parks forderte Potsdams SPD-Chef Mike Schubert die Stiftung auf, vor einer Entscheidung Bürgerversammlungen durchzuführen und die Pläne vorzustellen: „Die Stiftung wird dann sehen, ob sie dafür Verständnis bekommt.“ Zugleich warnte Schubert die Stiftung, nach der Diskussion um Fahrradschiebestrecken in den Parks drohe ein neues „kommunikatives Desaster“. Fraglich sei: „Wie soll das mit einem freien Eintritt für die Potsdamer funktionieren? Muss ich als Potsdamer zukünftig mit meinem Personalausweis durch den Park laufen, damit ich als Einheimischer zu erkennen bin?“ Immerhin hatte die Stiftung in ihrem internen Konzept für den Parkeintritt zumindest für 2013 eine kostenlose Nutzung für Potsdamer in Aussicht gestellt.
Doch daraus wird wohl nichts. Eine „Privilegierung nach Wohnsitz“ halte er für nicht möglich, sagte Stiftungschef Dorgerloh gestern: Dies sei mit dem EU-Recht nicht vereinbar. Allerdings könnten sich die Potsdamer Jahreskarten für zwölf Euro kaufen. Zudem seien Ermäßigungen geplant – und Kinder, Jugendliche sowie Studenten könnten den Park weiter kostenlos nutzen, so Dorgerloh.
Für den Aufwand, den Eintritt zu erheben, plant die Stiftung zunächst rund 750 000 Euro pro Jahr ein, hieß es gestern – zugleich werden mit dem zunächst bis 2017 befristeten Modellprojekt „Parkeintritt“ Einnahmen in Höhe von jährlich bis zu 4,9 Millionen Euro prognostiziert. Damit solle das „Pflegedefizit“ in den Gärten und der damit einhergehende „Werteverfall“ gestoppt werden, erläuterte Dorgerloh. Sollte sich der Stiftungsrat bei seiner nächsten Sitzung am kommenden Donnerstag nicht für den Parkeintritt entscheiden oder alternativ eine Erhöhung der Fördergelder für die Stiftung durch Bund und Länder beschließen, könnten die Gartenanlagen nicht mehr im jetzigen Zustand erhalten werden. Die Folge laut Dorgerloh: Der Welterbestatus der Schlösser und Gärten könnte hinterfragt werden.
So seien Teile des Parks, wie etwa der holländische Garten unterhalb der Bildergalerie, schon jetzt in sehr schlechtem Zustand. Bereits seit 2003 fehlten 31 Personalstellen zur ausreichenden Pflege. Durch weitere Projekte steige der Bedarf bis 2028 auf 74 Stellen. Das entspreche bis zu 4,5 Millionen Euro Mehrkosten pro Jahr. Dorgerloh verteidigte den Parkeintritt zur Deckung dieses Defizits: Unter Touristen gebe es eine „relativ hohe Zahlungsbereitschaft“.
Hingegen glaubt die Fraktion Die Andere, dass Einnahmen auch anderswo erzielt werden könnten. Ihr Stadtverordneter Sven Brödno forderte, „am Heiligen See einen Kiosk aufzustellen, der Eis und Getränke an die Badegäste verkauft“. Auch die Versorgung der Parkbesucher in Sanssouci mit Kaffee und Kuchen sei „deutlich“ ausbaubar. Die Grünen schlugen vor, eine Tombola für den Erhalt des Parks einzurichten. In Bremen funktioniere dieses System seit über 50 Jahren erfolgreich und bringe jährlich zwei Millionen Euro ein, so Grünen-Kreischef Uwe Fröhlich. In Einkaufszentren und in der City der Hansestadt würden Lose für Preise verkauft, die wiederum von Unternehmen aus ganz Deutschland gespendet würden. Dorgerloh sagte dagegen, andere als die vorgeschlagenen Maßnahmen würden nicht die nötigen Einnahmen bringen.
Auch die Linke protestiert. Ihr Kreischef Sascha Krämer sagte, mit einem Eintrittsgeld untergrabe die Stiftung ihren Anspruch, „Kulturgüter der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“. Mit einem Dringlichkeitsantrag für die Stadtverordnetenversammlung will die Linke nun dafür sorgen, dass sich das Stadtparlament gegen den Parkeintritt positioniert, kündigte Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg an. Die Stadtverordneten tagen nächsten Mittwoch – einen Tag vor der Entscheidung des Stiftungsrats zum Parkeintritt.
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