zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Kultur wird teurer

Potsdams Kulturträger erwarten Mehrkosten durch Mindestlohn – die Stadt sieht bisher keine Hilfen vor

Stand:

Potsdamer Kulturschaffende schlagen Alarm: Den Häusern und Vereinen drohen vor allem wegen der Einführung des Mindestlohns im kommenden Jahr enorme Mehrkosten. Die Zuschüsse für die meisten Träger will die Stadt aber nicht erhöhen. Die nächste Verhandlungsrunde findet am morgigen Donnerstag im Kulturausschuss statt.

Für die Diskussion gibt es bereits ein Arbeitspapier der Stadt, welche Einrichtung nächstes Jahr wie viel Geld bekommen soll. Demnach erhält das Tanzkunstzentrum „fabrik“ in der Schiffbauergasse von Stadt und Land weiterhin 319 000 Euro – laut Liste bedeutet das einen Fehlbedarf in Höhe von 85 000 Euro. Ein Drittel dieser Summe mache der neue Mindestlohn aus, sagte Geschäftsführerin Sabine Chwalisz den PNN auf Anfrage. Beispielsweise für Mitarbeiter im technischen Bereich würden derzeit sieben Euro gezahlt, künftig werden mindestens 8,50 Euro fällig. Auch die Preise von Geschäftspartnern wie Caterern oder Hotels, in denen Künstler bei Gastspielen schlafen, würden durch den Mindestlohn teurer, so Chwalisz. Sollte ihr Haus tatsächlich keinen Ausgleich für solche Kostensteigerungen erhalten, „dann müssen wir an die Substanz gehen“. An der Qualität könne man nicht sparen, so Chwalisz – die Folge sei also weniger Programm, nicht nur in ihrem Haus. Insofern werde sie für einen Ausgleich kämpfen, sagte die „fabrik“-Chefin: „Man kann die freien Kulturträger nicht einfach von der Kostenentwicklung abkoppeln.“

Ob die Politik helfen wird, ist ungewiss. Denn eigentlich hat sich die Stadtpolitik in Sachen freiwillige Leistungen – die Kultur gehört dazu – ein Spardiktat verordnet. Denn im Zuge der Finanzierung des 160-Millionen-Pakets zum Bau neuer Schulen haben die Stadtverordneten im Mai beschlossen, es werde „angestrebt, den Anstieg der Aufwendungen für freiwillige Aufgaben auf maximal 1,8 Prozent pro Jahr zu begrenzen“. Auch die Rathauskooperation aus SPD, CDU, Grünen und Potsdamer Demokraten hat in seinen Bündnisvertrag die 1,8-Prozent-Grenze festgeschrieben. Letztlich müssen die Stadtverordneten im Zuge der Haushaltsverhandlungen entscheiden.

Und tatsächlich steigen bei einigen Trägern auch die Zuschüsse: etwa für das städtische Hans Otto Theater. Das soll rund 500 000 Euro mehr städtische Zuschüsse im kommenden Jahr erhalten, das wären dann 5,66 Millionen Euro. Ein Plus von 10 Prozent. Sprecherin Stefanie Eue sagte, unter anderem werde damit auf Tariferhöhungen reagiert, ebenso habe das Haus mit einer Mieterhöhung sowie ebenfalls dem Mindestlohn zu kämpfen. „Den müssen wir extra noch herauswirtschaften.“ Zudem kommen vom Land rund 200 000 Euro weniger Zuschüsse. Insofern sei man erfreut, dass die Stadtverwaltung viele Mehrkosten eingepreist und in den Entwurf für den Haushalt aufgenommen habe, sagte Theatersprecherin Eue. Auch das alternative Jugendzentrum „Freiland“ erhält mehr Geld – 190 000 statt bisher 165 000 Euro pro Jahr. Das sind 15 Prozent mehr. „Freiland“-Chef Dirk Harder sagte, man habe glaubhaft versichern können, dass die Betriebskosten für das Areal bisher zu niedrig angesetzt seien.

Doch wegen der wachsenden Zuschüsse für einige Träger können andere Träger wegen des beschlossenen Deckels für das Wachstum der freiwilligen Ausgaben keine Erhöhung bekommen. Harder nennt das ein „gesamthaushalterisches Problem“. Und für das T-Werk in der Schiffbauergasse bedeutet dies Einschränkungen im künstlerischen Bereich, wie dessen Leiter Jens-Uwe Sprengel auf PNN-Anfrage sagte. Das Musik-, Schauspiel- und Puppentheater hat auch durch den Mindestlohn einen Mehrbedarf von 22 000 Euro – soll aber wie bisher 232 000 Euro bekommen. Da die Eintrittspreise bereits in diesem Jahr erhöht worden seien, gehe das zulasten des Programms. „Wir werden weniger künstlerisches Programm machen und weniger Gastspiele ins Haus holen können“, so Sprengel. Auch das Internationale Theaterfestival Unidram wird abspecken müssen: Denn rund ein Fünftel des T-Werk-Budgets sei bisher in die Mitfinanzierung von Unidram geflossen.

Auch beim Theater Poetenpack sorgen die Planungen für Unmut: Das Theater, das mit rund 70 freischaffenden Künstlern arbeitet, hatte 76 000 Euro aus dem Stadtsäckel beantragt – soll aber nur 25 000 Euro bekommen, das sind sogar noch 6000 Euro weniger als in den vergangenen Jahren. „Sollte es dabei bleiben, bricht das unserer Kinderproduktion den Hals, wenn wir keine alternative Finanzierung finden“, sagte Andreas Huck, künstlerischer Leiter des Theaters, das deutschlandweit gastiert und am Park Sanssouci seine Spielstätte hat. Im Juli 2015 hätte die Kinder-Produktion „Petterson und Findus“ Premiere feiern sollen. Auch ein weiterer Plan des Poetenpacks ist mit dem Finanzrahmen gestorben: Man wollte eigentlich das Heckentheater unweit des Neuen Palais im Park Sanssouci wiederbeleben. „Wir hatten der Stadt ein Konzept vorgelegt“, sagt Huck. Das historische Open-Air-Theater zwischen Gartenhecken, das vom Freundeskreis der Schlösserstiftung saniert worden ist, werde viel zu wenig genutzt, so der Theaterchef: „Ein Heckentheater im Park Sanssouci hätte eine Ausstrahlung weit über Potsdam hinaus.“ Das Poetenpack hatte den Ort einen Monat lang bespielen wollen.

Auch „Waschhaus“-Chef Siegfried Dittler hat einen Fehlbedarf von 70 000 Euro angezeigt. Auch hier seien Mehrkosten in Folge des Mindestlohns und weitere Erhöhungen angefallen. Dittler: „Entweder werden wir beim Programm sparen müssen oder die Eintrittspreise anpassen.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })