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Landeshauptstadt: „Kulturschock inbegriffen“

Am Samstag geht das Filmorchester Babelsberg auf Konzertreise nach Indien

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Die Instrumente sind schon drüben – am morgigen Samstag geht auch für die Musiker der Flieger: von Berlin aus mit Zwischenstopp London in die mehr als 9000 Kilometer entfernte indische Metropole Mumbai. Das Filmorchester Babelsberg bricht zu einer dreiwöchigen Konzerttournee nach Indien auf. In Mumbai, Neu-Delhi, Kolkata, Chennai und Bangalore werden die Babelsberger Musik des indischen Filmkomponisten und Oscarpreisträgers A. R. Rahman („Slumdog Millionär“) zu Gehör bringen. Die Tournee ist Teil eines deutsch-indischen Jahres, mit dem beide Länder derzeit 60 Jahre diplomatische Beziehungen feiern – wesentlich gefördert vom Auswärtigen Amt und dem Goethe-Institut.

Beim Goethe-Institut sei auch die Idee für die Tour entstanden, erzählt Filmorchesterintendant Klaus-Peter Beyer. Für den traditionsreichen Klangkörper ist es eines der spannendsten Projekte seiner mehr als 90-jährigen Geschichte: „Das wird mit Sicherheit etwas Besonderes“, meint Beyer. Begleitung bekommt das Orchester, das mit 74 Musikern reist, auch von einem Kamerateam des TV-Senders „Arte“, der eine zweiteilige Dokumentation über das Vorhaben plant. Es soll der Auftakt einer neuen Doku-Reihe werden, Arbeitstitel: „Kulturschock inbegriffen“.

Damit der Schock nicht allzu heftig ausfällt, war Beyer bereits im September einige Tage in Indien, um die Reise vorzubereiten, Konzertorte zu besichtigen, Kooperationspartner zu treffen und zu klären, was im Vorfeld zu klären ging. „Man muss sich einlassen auf das Tempo und die Lebensart in Indien, dann fährt man ziemlich gut“, sagt der Orchesterchef.

Besonders beeindruckt hat ihn das intensive Verhältnis der Inder zum Film – und zur Filmmusik. Kino spiele im Alltag der Inder eine große Rolle, selbst für die Ärmsten gehöre es selbstverständlich dazu, erzählt Beyer: „Film ist etwas, das die verschiedenen Gesellschaftsgruppen zusammenhält, ein wichtiger Teil des öffentlichen Lebens.“ Auch die Wertschätzung für Filmmusik sei deutlich größer als anderswo. Jeder Inder könne ein Repertoire von mindestens 2000 Filmsongs aus dem Effeff singen. Und Filmmusiker oder -komponisten seien regelrechte Megastars: „Rahman kann nicht über die Straße gehen, da bildet sich sofort eine Menschentraube“, berichtet Beyer.

Das Filmorchester wird bei seiner Konzertreise vor jeweils mehreren Tausend Zuhörern auftreten – gemeinsam mit dem Chor des von Rahman gegründeten Konservatoriums in Chennai. Auf dem Programm stehen unter anderem Melodien aus „Slumdog Millionär“, „Elizabeth – Das Goldene Königreich“ oder dem indischen Drama „Bombay“. „Für uns ist das fast normales Fahrwasser“, sagt Klaus-Peter Beyer. Denn Filmmusik verbinde stets verschiedene musikalische Stile, darin unterscheide sich Rahmans Werk nicht von dem seiner Kollegen aus Hollywood oder Europa.

In Indien scheint die Vorfreude auf den Besuch groß zu sein. Von einem „einzigartigen Unternehmen“ spricht etwa die Tageszeitung „Times of India“. Zum ersten Mal spiele ein deutsches Orchester in Indien indische Musik, betont man im Gastgeberland immer wieder. Neben den eigentlichen Konzerten werden die Musiker aus Babelsberg auch Workshops an Rahmans Konservatorium geben. Potsdamer Filmmusikfans können das Konzert übrigens am 25. August im Nikolaisaal erleben – dann kommt auch der indische Chor auf Gegenbesuch. Ob Rahman dabei ist, ist allerdings noch offen.

Für Klaus-Peter Beyer schließt sich mit der Konzertreise nicht nur ein „kleiner Kreis“: Denn Indien feiert in diesem Jahr seine 100-jährige Kinogeschichte – genau wie Studio Babelsberg. Er erhofft sich nun auch weitere Aufträge für das Filmorchester durch den bestens vernetzten Rahman: „Er hat uns entdeckt für das, was er tut.“ Ein erstes Folgeprojekt habe sich bereits ergeben: Das Filmorchester ist beim neuen Album des Komponisten Craig Armstrong („Moulin Rouge“) dabei – der Schotte arbeitete bereits mit Stars wie Massive Attack, U2 oder Madonna.

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