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Von Günter Schenke: Kunststoff-Torte zum 100.

Aufbruchstimmung im Potsdam-Museum / Harald Pignatelli las Darwin-Text / Andrang im Jan Bouman-Haus

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Eine große dreistöckige Geburtstagstorte „100 Jahre Potsdam Museum“ dominierte gestern Vormittag den kleinen Hof in der Benkertstraße 3. Doch als Museumsdirektorin Jutta Götzmann und Johann Komusiewicz vom brandenburgischen Kulturministerium das erste Jubiläums-Stück anschnitten, blieb das Exponat unberührt. Es bestand aus dem Kunststoff Styropor. Statt dessen gab es leckere Stücke einer echten kleineren Torte, die neben dem musealen Schaustück stand.

Zur Eröffnung des Internationalen Museumstages betonte Staatssekretär Komusiewicz zuvor den „Umbruch“, welcher der traditionsreichen Einrichtung nach hundert Jahren seiner Existenz bevor steht: Es hat eine neue Direktorin und bald auch ein neues Haus. Das bisherige Domizil im Holländischen Viertel, nicht größer als ein kleines Bürgerhaus, war nur ein Provisorium.

Jutta Götzmann sagte, dass der vorgesehene Standort am Alten Markt Gelegenheit ist, das Potsdam-Museum „neu aufzustellen“. Ohne erhebliche Mittel scheint das nicht denkbar, wenn Komusiewicz angesichts „geringer finanzieller Spielräume“ auch stark auf die „kreative Herausforderungen“, die es zu bewältigen gelte, setzt. Jutta Götzmann erwähnte, dass das Museum nun wieder ins Alte Rathaus zurückkehre, an den Standort, an dem einst seine Geschichte begann. Das sei ein Haus, welches der Größe der Sammlung und der Bedeutung des Museums in der Landeshauptstadt gerecht werde. Derzeit befinden sich in den Depots mehr als 250 000 Sammlungsstücke zur Stadtgeschichte.

Die Aufbruchstimmung scheint derzeit gut, bestätigt der Vorsitzende des Fördervereins, Markus Wicke. Seit die Standort-Entscheidung gefallen sei, habe der Verein zwanzig neue Mitglieder gewonnen. Um weitere Förderer und Spender wirbt der Verein in einem attraktiven Faltblatt samt Antragsformular, das im Museum ausliegt.

Von den zirka 400 Museen des Landes Brandenburg hatten sich gestern laut Komusiewicz 80 Einrichtungen mit besonderen Angeboten am Internationalen Museumstag beteiligt. Sechs Museen in Potsdam hatten teilweise recht originelle Veranstaltungen ausgerichtet. Wenn auch der ganz große Besucher-Ansturm ausblieb, so waren doch die meisten gut besucht. So las der RBB-Fernsehmoderator Harald Pignatelli im Naturkundemuseum in der Breiten Straße unter anderem aus dem Buch „Die Entstehung der Arten“ von Charles Darwin. Umgeben von präparierten Riesenschildkröten und auf dem Boden verstreuten Darwin-Büchern, saß Pignatelli im roten Samt eines kleinen Sessels und mühte sich mit dem schwierigen Darwin-Text ab. Die Lesung war die Premiere für eine Veranstaltungsreihe des Naturkundlichen Museumsvereins Brandenburg in Kooperation mit dem Potsdamer Naturkundemuseum.

Viel Zuspruch gab es für einen Vortrag über „weibliche Untergewänder“ der Barockzeit im Jan-Bouman-Haus in der Mittelstraße 8. Der kleine Vortragsraum im Dachgeschoss des Museumshauses war bis auf den letzten Platz besetzt, als Kostümhistorikerin Marita Müller und Tänzerin Petra Hergl die körperenge Mieder-Mode im 18. Jahrhundert anschaulich erläuterten.

Während das Mieder-Erlebnis kostenfrei war, mussten Besucher des Filmmuseums für die Vorführung seines größten Exponats – der einzigartigen Welte- Kino-Orgel – 3,50 Euro Eintritt bezahlen. Die Resonanz war gering: Vier verkaufte Karten.

Das Haus der Brandenburg-Preußischen Geschichte trug mit Vorträgen etwa über die Skulptur der Göttin Minerva vom einstigen Stadtschloss zum Museumstag bei. Kunsthistorikerin Dieta Krüger erläuterte den erschauernden Zuhörern, darunter einige Kinder, die Geschichte des schrecklichen Medusenhauptes auf dem Minerva-Schild.

Günter Schenke

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