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Landeshauptstadt: Kurvengeheimnisse

Bergmann-Klinikum: Mode für Frauen mit Brustkrebs / Frauenklinik zieht um

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An den ersten Tag nach der OP erinnert sie sich noch gut: „So etwas vergisst man nicht“, sagt Angela Böhm. Vor zehn Jahren wurde bei ihr Brustkrebs diagnostiziert. Die Gefühle und Gedanken, die man in einem solchen Moment hat, „kann man nicht beschreiben“, sagt sie. Die Sorge um die fehlende Brust stand dabei zunächst gar nicht im Vordergrund. „Man hat viel mit sich selbst zu tun“, erinnert sich die 50-Jährige: „Man fühlt sich mit der Situation im ersten Moment überfordert.“ Das Krankenhaus verließ sie damals nur mit einem Rezept, ausgeschrieben für einen Brustersatz aus Silikon. Mittlerweile steht Böhm für solche „Brustepithesen“ und die darauf zugeschnittene Unterwäsche und Bademode als Model auf der Bühne – wie gestern im Klinikum Ernst von Bergmann.

Etwa 50 ehemalige Patientinnen waren der Einladung des Brustzentrums gefolgt und am Nachmittag in den Speisesaal gekommen. Es war die zweite Modenschau für Brustkrebspatientinnen, die das Klinikum zusammen mit den Sanitätshaus Kniesche und der Modeboutique Karin Genrich organisierte. „Nach der OP geht das Leben ja erst richtig los“, erklärte Friedrich Dreßler, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe: „Wenn sie sich gut fühlen, dann bleiben sie auch gesünder.“ Bei der gut einstündigen Modenschau wurden dann die Frühjahrstrends für 2008 präsentiert, während Marion Otto vom Dessous- und Epithesenhersteller „Anita“ die „Kurvengeheimnisse“ darunter aufgeklärte.

Die Zeiten, in denen die Frauen mit einem Rezept die Klinik verlassen, sind heute vorbei: Die erste Brustprothese wird bereits auf der Station angepasst, erklärte Andrea Breitkopf, eine der beiden Pflegeexpertinnen des Brustkrebszentrums. Über die Prothese spricht sie mit den Frauen so früh wie möglich: „Es gibt oft Berührungsängste.“ Die verlorene Brust sei schließlich „ein Symbol der Weiblichkeit“. Werde sie nicht ersetzt, drohen sogar Schmerzen: Etwa, weil die Frau als Ausgleich für das fehlende Gewicht eine Schonhaltung einnimmt, erläutert Andrea Breitkopf.

Etwa 150 Patientinnen kommen pro Jahr neu ins Brustkrebszentrum, sagt Chefarzt Friedrich Dreßler: „Tendenz steigend.“ Umso mehr freut er sich auf den Mai: Denn dann soll seine Klinik zusammen mit der Kinderstation in den bereits fertig gestellten Neubau des „Perinatalzentrums“ an der Berliner Straße umziehen. Auf vier Ebenen gebe es dort „noch bessere Räume für die Betreuung am Brustkrebszentrum“, so Dreßler.

Nach wie vor sei Brustkrebs die häufigste Krebsart bei Frauen: Laut der aktuellen Gesundheitsberichtserstattung des Bundes erkrankt durchschnittlich jede zehnte Frau im Lauf ihres Lebens an Brustkrebs. Im Land Brandenburg wurden im vergangenen Jahr etwa 1500 Neuerkrankungen gemeldet.

Bei bis zu 70 Prozent der Frauen können allerdings „brusterhaltend“ operiert werden, sagt Pflegeexpertin Andrea Breitkopf. Auch der Aufbau der Brust aus „körpereigenem Material“, zum Beispiel Muskelmasse, werde am Bergmann-Klinikum angeboten. Dennoch wird die Prothese für viele Betroffene zum Alltag.

Jana Haase

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