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Landeshauptstadt: Lagerfeuer gegen Nazis

Verein Manne e.V. startet neues Modell für Jungenarbeit / Bislang fehlen Potsdamer Jugendclubs

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Um von Rechtsextremismus gefährdete junge Männer für ein demokratisches Gemeinwesen zurück zu gewinnen, will der Potsdamer Manne e.V. ab nächstem Jahr bis zu 20 Sozialarbeiter aus dem Land Brandenburg neuartig trainieren. Das Bundesmodellprojekt startet im Januar unter dem Namen „Jungenarbeit und Gewaltprävention“, die Bewerbungsfrist läuft gerade aus. „Die Projektteilnehmer sollen danach rechtsorientierte Jungen zwischen 12 und 18 Jahren ansprechen können, die mit offener Jungenarbeit oft nicht erreicht werden“, erklärt Rüdiger Stanke von Manne e.V., der das für zweieinhalb Jahre angelegte Projekt leitet.

Die Idee für das Vorhaben haben die Mitarbeiter während ihrer praktischen Arbeit entwickelt. Seit 1997 bietet der Verein Beratung für junge Männer und setzt sich für eine „fürsorgliche und lebensbejahende Männlichkeit“ ein. Zu den bekanntesten Projekten zählt die „Phönixzeit", in der Jungen im Alter von etwa 14 Jahren monatelang in ihrer männlichen Entwicklung begleitet werden. Dazu bietet der Verein brandenburgweit unter anderem Fachberatungen und Trainings für Pädagogen an. Dabei stößt er immer wieder auf Probleme. „Jungen brauchen Männer, an denen sie sich orientieren und reiben können – nur leider wird Jugendarbeit vor allem von Frauen getragen“, sagt Stanke. Doch für „schwierige, verhaltensauffällige oder gewaltbereite Jungs“ seien Männer, die ihnen Grenzen setzen und Orientierung geben, besonders wichtig. In der Jugendsozialarbeit fehlten zudem Handlungsansätze, wie mit rechtsorientierten Jugendlichen gearbeitet werden kann. Als ein Beispiel nennt Stanke das Modell akzeptierender Arbeit mit rechtsextremen Jugendlichen aus den 90“ern, das er als teilweise gescheitert ansieht. Dabei sollten laut Lehrbuch rechte Jugendliche dort abgeholt werden, wo sie stehen, eigene Räume bekommen, in der Hoffnung, sie so zu ändern. „Oft hatten Jugendarbeiter nur noch mit Rechtsextremen zu tun, was die Gefahr birgt, sich nicht klar genug abzugrenzen.“ So würde Gewalt zwar abgelehnt, aber Einstellungen nicht „wirkungsvoll“ in Frage gestellt, so Stahnke. Das Manne-Projekt solle dagegen jungenspezifische Handlungsansätze entwickeln. Es gehe darum, den Kontakt mit Jugendlichen nicht zu verlieren, aber auch Grenzen zu ziehen. „Ein Thor Steinar- Shirt, das Rechte gern tragen, muss angesprochen werden – und dabei muss dem Jungen klar sein, dass nur sein Verhalten abgelehnt wird, nicht er als Mensch.“

In Potsdam hatte es jüngst eine Diskussion um die Jugendarbeit im Treffpunkt Fahrland gegeben – Vorwürfe waren laut geworden, dort werde zu wenig auf rechtsorientierte Jugendliche eingewirkt. Umso mehr erwartet Stanke einen guten Start seines Projekts. Wissenschaftlich begleitet wird es von der Fachhochschule Potsdam. Bisher habe sich noch kein Potsdamer Jugendarbeiter beworben.

Doch dafür wirbt Stahnke. So solle mit dem Trainingsprogramm Sozialarbeitern auch geholfen werden, eine Gegenkultur zu Freizeitangeboten von Rechtsextremen zu etablieren. „Jugendliche wollen auch Grenzerfahrungen machen.“ Als Beispiel nennt Stanke ein Wochenende im Wald oder eine Nacht in freier Natur, am Lagerfeuer: „Oft werden solche Angebote nur von Rechten gemacht.“ Neonazis heute weniger martialisch und gewaltbereit auftreten, ihre soziale Aktivitäten nähmen zu. Um dagegen vorzugehen. würden die Projektteilnehmer auch lernen, lokale Netzwerke für ihre Arbeit zu gründen und am Leben zu halten. Stahnke: „Nur gegen den Personalmangel in vielen Jugendclubs können wir nichts tun.“ HK

Im Internet:

www.mannepotsdam.de

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