
© Andreas Klaer PNNa/Andreas Klaer
Lange Sitzungen: Findet Aubel einen Weg aus der Spirale?
In ihrem ersten Bericht als Oberbürgermeisterin hat Noosha Aubel vor den Stadtverordneten präzisiert, wie Verwaltung und SVV künftig zusammenarbeiten sollen. Zugleich kassierte sie ihre erste Niederlage.
Stand:
In ihrer ersten Rede vor den Stadtverordneten hat Potsdams neue Oberbürgermeisterin Noosha Aubel (parteilos) am Mittwoch skizziert, wie sie sich künftig eine bessere Zusammenarbeit zwischen Stadt und Kommunalparlament vorstellt. Politik und Verwaltung müssten „ein eingespieltes Team“ werden – nicht durch Gleichdenken, sondern durch gemeinsames Handeln für eine „funktionierende, gerechte und lebenswerte Stadt“.
Aubel sprach die Debattenkultur in dem Gremium und ein altbekanntes Problem an: „Wir erleben derzeit Sitzungen, die viele Stunden dauern.“ Derzeit tagen die Stadtverordneten regelmäßig die maximal vorgesehenen sieben Stunden und brauchen teils Nachholsitzungen, auch die Ausschüsse sitzen oft stundenlang. Themen, die die Menschen unmittelbar beträfen, so Aubel, wie Wohnen, Bildung, sozialer Zusammenhalt, Klimaresilienz, gingen zwischen Anfragen, Prüfaufträgen und Details unter. „Das können und das sollten wir ändern: Nicht indem wir weniger reden, sondern indem wir gezielter entscheiden“, sagte sie.
Analyse der Situation
In ihrer Rede analysierte die Oberbürgermeisterin die aktuelle Situation: „Wir alle kennen die Spirale: Die Politik sagt zur Verwaltung: Wenn ihr zügig und adäquat liefern würdet, müssten wir nicht so viele Anträge stellen. Und die Verwaltung sagt: Wenn ihr nicht so viele Anträge stellen würdet, könnten wir endlich unsere eigentliche Arbeit machen.“ Darin liege ein zentrales Problem, sagte sie: „Beides stimmt – und beides führt uns nicht weiter.“

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Wie sie diese Blockade lösen will, kündigte Aubel ebenfalls an. Der Ausweg liege darin, dass beide Seiten sich veränderten. „Die Verwaltung, indem sie proaktiver informiert, klarer priorisiert und transparent berichtet. Und die Politik, indem sie Anträge stellt, die auf Wirkung zielen – nicht auf Symbolik. Nur so kommen wir aus dem Muster der Reaktion in die Haltung der Gestaltung“, führte Aubel aus. Beim Haushalt bedeute das, klare Prioritäten zu setzen: Man könne „nicht alles gleichzeitig, aber das Richtige zuerst“ umsetzen. Eine moderne Verwaltung verstehe sie als Beratungspartnerin der Politik, die „transparent und datenbasiert“ arbeite.
Die ausufernden Sitzungen der Stadtverordneten sind schon seit Jahren ein Thema, ohne dass bisher ein Gegenmittel gefunden wurde. Im Januar hatten SPD, Grüne-Volt und CDU einen Vorstoß unternommen, die Redezeiten deutlich zu begrenzen. Dieser befindet sich in der Arbeitsgruppe für die Tätigkeit der ehrenamtlichen Stadtverordneten, wurde seither nicht mehr öffentlich debattiert. Kleinere Fraktionen hatten dagegen Protest angekündigt.

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Auch bei der feierlichen Amtseinführung von Aubel am Dienstagabend hatte der Präsident des Stadtparlaments, Hagen Wegewitz (SPD), das Thema in den Mittelpunkt seiner Rede gestellt. „Die Stadtverordnetenversammlung leidet in ihrer politischen Kultur an ihrer Selbstlähmung.“ Diese führte er neben dem durch die Vielzahl der Fraktionen beförderten Geltungsdrang auch auf die Antragsflut zurück.
Lob für Pläne
Von vielen Stadtverordneten kam Lob für Aubels Ansinnen, die Sitzungen zu straffen. „Wir wünschen viel Erfolg“, sagte CDU-Co-Fraktionschef Clemens Viehrig. SPD-Fraktionchef Nico Marquardt betonte, gerade für das kommunale Ehrenamt wären kürzere Sitzungen hilfreich. „Wir unterstützen Sie als SPD-Fraktion.“ Die Stadtverordneten üben ihr Amt ehrenamtlich aus, erhalten lediglich eine Aufwandsentschädigung. Immer wieder wird kritisiert, dass der hohe Zeitaufwand eine Vereinbarkeit von Familie und lokalpolitischem Engagement erschwere.
Laura Kapp (Die Andere) lobte, dass Aubel das Grundproblem identifiziert habe: das Misstrauen zwischen Politik und Stadtverwaltung. Dies zu verbessern, daran werde ihre Fraktion mitarbeiten, so Kapp. Hans-Jürgen Scharfenberg vom Wagenknecht-Ableger BfW lobte den Aubel-Ansatz der wechselnden Mehrheiten. „Es muss darum gehen, möglichst alle einzubinden.“ Die Basis dafür sei gegenseitiges Vertrauen.
Allerdings musste Aubel in der Sitzung auch eine erste Abstimmungsniederlage einstecken. Gegen ihren erklärten Willen setzten weite Teile von Grünen, Die Andere, SPD, Linke und Freie Wähler eine weitere Förderung des gemeinnützigen Lastenfahrrad-Projekts „Flotte P“ durch. Die bisherige Fördersumme, rund 75.000 Euro, sei für drei Jahre vergeben worden, so die Rathaussicht. Damit sei das Projekt eigentlich beendet und könne nicht ohne Ausschreibung einfach fortgeführt werden. Doch eine Mehrheit sah das anders.
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