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Steffi Pyanoe.

© A. Klaer

Kolumne PYAnissimo: Läuft

Potsdam - Jetzt ist er also in Potsdam angekommen, der Gabriel-Effekt. Wer seinen Abgang macht oder diesen ankündigt, wird in der Regel zur Belohnung mit Wohlwollen und Nettigkeiten bedacht.

Stand:

Potsdam - Jetzt ist er also in Potsdam angekommen, der Gabriel-Effekt. Wer seinen Abgang macht oder diesen ankündigt, wird in der Regel zur Belohnung mit Wohlwollen und Nettigkeiten bedacht. Das ist ja auch in Ordnung, Politik ist ein Knochenjob. Das will keiner mehr machen. Überall werden die Fachkräfte knapp. Es werden auch keine mehr ausgebildet. Erinnert sich noch jemand an Jusos, Julis, Junge Union und solid und wie sie alle hießen? Ist nicht schlimm, ich wusste damals auch nicht richtig, was die machen und dachte in den ersten Meetings, eine Satzung hat was mit Grammatik zu tun. Aber es war gemütlich bei ihnen und wir fühlten uns so wichtig. Im Jugendzimmer eines Bonner Jungsozialisten sahen wir Potsdamer Frischlinge an einem Abend im Jahre 1990 „Das Leben des Brian“ und „Bluesbrothers“ und damit war die Grundlage für Zusammenarbeit zwischen Ost und West gelegt.

Mit Jusos muss ich meinen Kindern nicht kommen. Aber vielleicht sehe ich das auch zu eng. Das mit der Politik und dem Engagement. Mir hat neulich ein Bekannter gesagt, wenn er nicht wegen seiner Arbeit Zeitung lesen müsste, dann wäre ihm egal, was kommunalpolitisch gerade läuft. Ich habe das mal ausprobiert – aber wenn die Zeitung nicht bis sieben im Kasten ist, werde ich nervös. Müsste ich natürlich nicht. Der Laden läuft auch so. Es gibt unheimlich viele Bürger, die sich Gedanken über Potsdam machen. Die aufpassen und richtig Zivilcourage zeigen, damit alles seinen Gang geht und niemand schlimme Sachen anstellt.

Mütter machen Gymnastik im Park Sanssouci - ein Problem?

Mit uns wird ja auch hin und wieder gemeckert. Letzte Woche sollen wir ein ganz schlimmes Foto veröffentlicht und damit zu einer Straftat animiert haben. Das Problemfoto? Eine Sportgruppe im Park Sanssouci. Es zeigt eine Handvoll Frauen, offensichtlich Mütter, die im Park Gymnastik machen. Vor ihnen steht die Kursleiterin, hinter ihnen stehen die Kinderwagen mit den Babys. Es war Dienstagfrüh, kalt und trüb, als ich mit dem Fotografen zu einem Termin unterwegs war und wir die Szene entdeckten. Ich sagte, guck mal, der Kollege bremste scharf und machte ein schönes Bild.

In der Redaktion wurde die Beute erfreut entgegengenommen, für die Mittwochsausgabe, den 8. März, eingeplant – und dann plötzlich heiß diskutiert. Darf man am Frauentag mit einem Bild aufmachen, das Mütter beim Sport zeigt? Muss man das nicht missverstehen? Als Aufforderung, dass Frauen auf sich achten sollen oder gar müssen? Weil sie zu oft auf ihre äußere Erscheinung und das Muttersein reduziert werden? Gibt es da nicht einen Shitstorm?

Vorwurf: Die PNN ermuntern zum illegalen Betreten des Weltkulturerberasens

Aus dem schönen Parkfoto war unfreiwillig ein kleines internes Politikum geworden. Und wir gingen auf Nummer sicher, das Bild flog raus und kam einen Tag später dran. Überraschung: Nichts passierte! Dann aber doch: Eine Leserin schrieb uns. Wie unverantwortlich das doch wäre. Die PNN ermunterten zum illegalen Betreten des Weltkulturerberasens, weil sie abbilde, wie Frauen Kinderwagen auf dem Sanssouci-Gras parken!

Ich finde das sehr beruhigend. Um bürgerschaftliches Engagement für eine Stadt – und Park! – für alle müssen wir uns also keine Sorgen machen. Läuft. Ich befürchtete schon, Helene Fischer würde beim nächsten Stadtwerkefest singen müssen: Führungslos irrt die Stadt, bis ein Kandidat erwacht ...

Unsere Autorin ist freie Mitarbeiterin der PNN. Sie lebt in Babelsberg

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