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Soweit soll es nicht kommen. In Berlin unterrichten inzwischen auch Schüler einer elften Klasse jüngere Schüler, wenn der Lehrer krank wird. Brandenburger Schulen sollen für Vertretungen aber nur fachlich qualifiziertes Personal einstellen. ]

© Doris Spiekermann-Klaas / ]

Landeshauptstadt: Lehrer gesucht – sofort

Ab Januar 2014 können alle Schulen Vertretungslehrer selbst einstellen und ein eigenes Budget dafür verwalten. Erste Erfahrungen damit gibt es bereits

Stand:

Zu Beginn des Schuljahres flattern die Initiativbewerbungen bei Grit Steinbuch nur so auf den Schreibtisch. Aus rund 20 Kandidaten für eine Lehrerstelle hätte die Schulleiterin des Helmholtz-Gymnasiums im August dieses Jahres noch auswählen können. Jetzt, mitten im Schuljahr, wenn ein Kollege kurzfristig krank wird, sieht es anders aus. „Es ist schwierig, jemanden zu finden, der bereit ist, auf ungewisse Zeit zu arbeiten“, sagt Steinbuch. Außerdem hätten inzwischen viele Bewerber eine Stelle gefunden und seien nicht mehr verfügbar.

Die Helmholtz-Schule ist, wie auch das Humboldt-Gymnasium, die Voltaire-Gesamtschule und die Oberstufenzentren der Stadt eine sogenannte selbstständige Schule. Seit einigen Jahren können diese selbst zusätzlich Lehrer einstellen und ein eigenes Budget verwalten. Nun sollen ab Januar 2014 alle Brandenburger Schulen ein Budget für Vertretungslehrer bekommen. Es setzt sich, so präzisierte Brandenburgs Bildungsministerin am Mittwoch, zusammen aus einem Sockelbetrag und einem Zuschlag, je nach Zahl der Lehrkräfte. Die rund 800 öffentlichen Schulen im Land können – je nach Größe – mit einem jährlichen Budget zwischen 3000 und 16 000 Euro rechnen. Bis Ende des Jahres sollen sich die Schulen einen Pool an Bewerbern anlegen.

Ob der Pool jedoch in der Praxis funktioniert, bezweifelt Karen Pölk, Schulleiterin an der Voltaire-Gesamtschule. Es sei fast unmöglich, jemanden für wenige Wochen oder Monate zu finden, sagt sie. „Die jungen Kollegen wollen längerfristig arbeiten.“ Und überhaupt müssten die gesuchten Vertretungslehrer auch auf dem Markt sein. Nichtsdestotrotz überwiegen für Pölk und Steinbuch die Vorteile einer solchen Praxis gegenüber der Auswahl durch das Schulamt: „Mir wird nicht irgendjemand vorgesetzt“, sagt Steinbuch. Durch das persönliche Gespräch ließen sich Bewerber besser kennenlernen. „Und man ist flexibler und schneller.“

Doch das hat seinen Preis: Es kostet Zeit. Abminderungsstunden, also weniger Unterrichtsverpflichtung für die Schulleiter, sind jedoch vom Ministerium nicht vorgesehen. „Man bräuchte dafür eigentlich einen Sachbearbeiter“, sagt Steinbuch. Schließlich ist sie auch nicht ausgebildet, um die Verträge mit den Ersatzlehrern auszugestalten. „Ich mache hier wirklich ,learning by doing’.“ Auch Schulleiterin Carola Gnadt vom Humboldt-Gymnasium sieht einen erheblichen Mehraufwand und einen erhöhten Fortbildungsbedarf. Trotzdem habe ihre Schule „relativ gute Erfahrungen“ mit dem eigenen Lehrerpool gemacht.

Um die fachliche Qualität der Vertretung zu gewährleisten, sollen für den künftigen Vertretungspool voll ausgebildete Lehrkräfte, pensionierte Lehrer und Lehramtstudierende sowie Referendare infrage kommen. In der Regel, so Ministerin Münch, sollten die Bewerber das erste Staatsexamen vorweisen. Im Einzelfall könnten allerdings die Schulleiter über die Eignung entscheiden. Damit das Verfahren unkompliziert und unbürokratisch bleibe, ist bislang auch nicht vorgesehen, ein polizeiliches Führungszeugnis von den Kandidaten zu fordern.

Kritik an den Plänen kommt vom Brandenburger Pädagogenverband: Unter dem Deckmantel der Eigenverantwortung der Schulleiter übertrage die Ministerin die Haftung auf die Schulleiter, heißt es. Auch Karen Pölk von der Voltaire-Schule hätte sich „wesentlich klarere Regeln“ und mehr Erfahrungsaustausch gewünscht. Schließlich habe sie das Verfahren schon in der Praxis durchgespielt.

nbsp;Grit Weirauch

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