Landeshauptstadt: Lepsiushaus in der „Fördermittelfalle“
Bund will Fördergelder nur bewilligen, wenn Brandenburg landeseigene Haushaltsmittel dazu gibt
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Nauener Vorstadt – Das Wohnhaus des namhaften Theologen und Armenier-Freundes Johannes Lepsius (1856 bis 1926) in der Großen Weinmeisterstraße hat seit geraumer Zeit ein saniertes Äußeres – nur der komplette Innenausbau fehlt noch. Und das wird wohl auch so bleiben, gelingt es dem Lepsiushaus-Verein nicht, einer „Fördermittelfalle“ zu entkommen, wie Fördervereins-Geschäftsführer Peter Leinemann gestern gegenüber den PNN sagte.
Eigentlich wollten der Bund und das Land gemeinsam die Kosten von mindestens 560 000 Euro aufbringen – Leinemann zufolge war schon alles geklärt: Der Bundestag hatte die Förderung aus dem Etat des Kulturstaatsministers im November vergangenen Jahres beschlossen, bereits im Dezember 2007 kam die Zusage des Landeskulturministeriums über eine Landesgegenfinanzierung mit Mitteln des europäischen Strukturfonds Efre – doch auf einmal klemmt die Säge. Bislang reichte der Bund dann Fördermittel aus, wenn das Land mit einer gleich hohen Summe mitzog. Im Fall des Lepsiushauses sind das 280000 Euro. Nun jedoch will das Bundesfinanzministerium Leinemann zufolge gemäß einer Novellierung vom Januar dieses Jahres nur noch dann Fördermittel bewilligen, wenn das jeweilige Land mit ausschließlich eigenen Mitteln, also eigenen Steuermitteln, gegenfinanziert – und eben nicht mit Geldern aus Brüssel. „Das Landeskulturministerium sagt, es gibt keine eigenen Mittel“, so Leinemann, der die Situation so beschreibt: „Alle wollen das Projekt fördern, aber jetzt passen die Gelder nicht zusammen.“
Das brandenburgische Kulturministerium bestätigte gestern die Existenz des Problems: „Es ist tatsächlich so, dass es eine Trendwende auf Bundesseite gibt“, erklärte Ministeriumssprecher Holger Drews. Es seien europäische Efre-Mittel für das Lepsiushaus vorgesehen gewesen, nun „müssen wir sehen, dass wir eine andere Kofinanzierung hinkriegen“, so Drews. Und weiter: „Wir sind relativ optimistisch, dass es nicht zu größeren Verzögerungen kommt.“ Drews: „Wir kriegen die Kofinanzierung hin, davon gehen wir fest aus.“ Der Lepsiushaus-Verein hatte gestern jedoch noch nichts auf dem Papier und Geschäftsführer Leinemann sagte: „Wir haben den Knoten noch nicht durchschlagen.“
Den Plänen zufolge sollten in diesem Sommer die bauvorbereitenden Arbeiten erledigt und im Spätsommer mit dem Innenausbau begonnen werden. Ziel sei die Fertigstellung der Gedenk- und Forschungsstätte zu Weihnachten 2008. Bislang hat die Deutsch-Armenische Akademie, 1925 von Lepsius und dem ersten armenischen Botschafter in Berlin James Greenfield gegründet, für Veranstaltungen Räume von anderen Institutionen nutzen müssen. Als erste Veranstaltung im Lepsiushaus ist bis dato vom 13. bis zum 16. Dezember das Internationale Symposium „Armenien und Europa“ aus Anlass des 150. Geburtstages von Johannes Lepsius am 15. Dezember geplant. Mit den nun eintretenden Verzögerungen kommt das Vorhaben ins Schlingern.
Im Juni 2005, 90 Jahre nach dem Genozid an der armenischen Bevölkerung des osmanisch-türkischen Reiches, hat der Deutsche Bundestag erstmals in seiner historischen Armenien-Resolution die „unrühmliche Rolle des Deutschen Reiches“ beim Völkermord an den Armeniern 1915/16 eingestanden. Die unabhängige Forschung geht von über einer Million getöteter Armenier während des ersten großen Genozids des 20. Jahrhunderts aus. Als erster hatte seinerzeit der Potsdamer Theologe Johannes Lepsius in seinem an der Zensur vorbei im Potsdamer Tempelverlag gedruckten Werk „Bericht über die Lage des Armenischen Volkes in der Türkei“ auf den Völkermord hingewiesen. Lepsius gründete zudem das Armenische Hilfswerk, einen Vorläufer der UN-Flüchtlingskommissariats.
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