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Auslaufmodell: Der jetzige Landtag auf dem Potsdamer Brauhausberg ist äußert marode. Bis 2013 sollen ihn Brandenburgs Parlamentarier verlassen haben. Am Wahlsonntag aber wird er noch einmal zur großen politischen Bühne der Mark.

© Klaus-Dietmar Gabbert

Landeshauptstadt: Letzte Schlacht in der „Bruchbude“

Der marode Landtag auf dem Brauhausberg wird am Sonntag zur Wahlzentrale in Brandenburg

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Teltower Vorstadt - So schäbig sind nirgendwo sonst in Deutschland Volksvertreter untergebracht: Der Turm ist einsturzgefährdet, von den Wänden bröckelt der Putz und teilweise können Brandenburgs Landtagsabgeordnete den Plenarsaal nur über schmale Stiegen erreichen. Schon vor mehr als acht Jahren sprach der damalige Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) von einer „Bruchbude“. Das hundertjährige Gemäuer über den Dächern Potsdams auf dem Brauhausberg rüstet sich nun für die letzte große politische Schlacht: Am Sonntag ist es Brandenburgs zentraler Ort für Hochrechnungen, „Elefanten-Runden“ und alle Art von Statistik zur Landtags- und Bundestagswahl 2009.

„Von Wehmut keine Spur“, sagt Landtagspräsident Gunter Fritsch mit Blick darauf, dass bei den nächsten großen Wahlen das Parlament längst im neuen „Stadtschloss“ Am Alten Markt residiert. Doch für den bevorstehenden Wahlsonntag muss man sich noch mit der von 1899 bis 1902 erbauten früheren Reichskriegsschule begnügen. Weil der marode Bau bis zur Wende Sitz der SED-Bezirksleitung war, heißt er im Volksmund bis heute „Kreml“. Und in dessen Innenhof wird derzeit gehämmert und geschraubt. Die ersten großen Zelte der TV-Anstalten stehen schon, schwere Kabelrollen werden hineingerollt.

Es soll eine große Party für das ganze Volk werden, Grill und Bierfässer stehen schon bereit. Auch Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) wird für eine Stippvisite erwartet. „Sicher hat an diesem Abend die Bundestagswahl Priorität, weil die Stimmen dafür zuerst ausgezählt werden“, meint Fritsch. Das Fest wird sich zwar nicht im Landtagsgebäude selbst abspielen, zur „stimmungsvollen Untermalung“ soll die Backsteinfassade aber angestrahlt werden.

Nach der Wahl müssen sich die neu gewählten Abgeordneten voraussichtlich platzmäßig noch weiter einschränken. „Kommen FDP und Grüne in den Landtag, werden wir ein paar Container anschaffen“, erzählt Fritsch. Ansonsten könnte man nicht allen Fraktionen nah beieinander liegende Räume anbieten.

Und dann heißt es durchhalten und sehnsüchtig den Fortschritt auf der Schloss-Baustelle in Potsdams historischer Mitte verfolgen. Voraussichtlich soll im März nächsten Jahres der erste Spatenstich sein, 2013 sollen die Parlamentarier einziehen. Und was wird aus dem „Kreml“? „Die Zukunft des alten Landtags ist noch offen“, sagt der Sprecher des Potsdamer Finanzministeriums, Ingo Decker. Das Land jedenfalls habe dafür keine weitere Verwendung und werde sich um eine Verwertung bemühen müssen. „Da das Gebäude weitgehend unter Denkmalschutz steht und auch das Stadtbild prägt, steht ein Abriss nicht zur Diskussion.“

Regierungschef Platzeck jedenfalls sieht den Umzug auch symbolisch. Vor einigen Jahren meinte er, er möchte so schnell wie möglich „runter vom Berg“. Nur so könne das Parlament „auf Augenhöhe mit dem Volk“ arbeiten.

Imke Hendrich

Imke Hendrich

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