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Potsdam: Linke Proteste gegen OSZE-Treffen
Zahlreiche Gegenproteste werden zum OSZE-Treffen der Außenminister am 1. September in Potsdam erwartet. Den ersten Vorgeschmack gab es jetzt an der Nikolaikirche. Für die Sicherheitsbehörden steht mit dem Treffen der nächste Großeinsatz bevor.
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Potsdam - Noch knapp anderthalb Wochen sind es, bis Potsdam erneut im Ausnahmezustand ist: Am 1. September werden in der Landeshauptstadt auf Einladung von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Außenminister der 57 Mitgliedsstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erwartet. Schon jetzt beginnen linksradikale Gruppen mit den Gegenprotesten.
Den Anfang machten am gestrigen Montagmittag linke Kletter-Aktivisten aus Berlin und Brandenburg. Sie enterten die Nikolaikirche am Alten Markt – zahlten nach eigenen Angaben sogar Eintritt, um auf den Aussichtsturm zu gelangen – und hissten in schwindelerregender Höhe, an Säulen gekettet, ein großes Transparent. Aufschrift: „Eure ,Moral’ wollen wir nicht. Fuck OSZE“. In einer Erklärung warfen die Aktivisten den OSZE-Mitgliedsstaaten Zynismus vor. „Die Friedensrhetorik verliert angesichts der militärischen Abschottung gegen Geflüchtete an den Grenzen Europas jegliche Glaubwürdigkeit“, sagte Fabian Dach, Sprecher der OSZE-Gegner, die keiner Organisation angehören.
Demo am 31. August in Potsdam
Auf dem Alten Markt wurden gleichzeitig Flyer verteilt, die zu einer Vorabenddemo am 31. August, einen Tag vor dem OSZE-Treffen im Dorint Hotel, aufrufen. Starten soll der Protestzug am Luisenplatz. Die genaue Route ist aber noch unklar. Ziel der Organisatoren ist es, in Sichtweite des Tagungsortes demonstrieren zu können. Dazu liefen derzeit noch Abstimmungen mit der Polizei, so Dach.
Als die von einem Bürger gerufene Polizei an der Nikolaikirche eintraf, nahmen die fünf Aktivisten das Transparent freiwillig ab. Die Beamten nahmen die Personalien der polizeibekannten Kletterer auf und leiteten von Amts wegen ein Verfahren wegen Hausfriedensbruchs ein, sagte Polizei-Dienstgruppenleiter Marko Kiether noch am Einsatzort. Die Kirche prüft, ob sie einen entsprechenden Strafantrag stellt. Auch das sechs mal zehn Meter große Transparent wurde von den Einsatzkräften beschlagnahmt. Ein Gutachter werde zudem prüfen, ob das Kirchengebäude durch die Aktivisten beschädigt wurde, sagte Kiether. Dann würde noch ein Strafverfahren wegen Sachbeschädigung drohen.
Kritik an der Aktion kam derweil vom CDU-Landtagsabgeordneten Sven Petke. „Wie daneben. Die OSZE will den Frieden sichern“, teilte er über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Positiv sah die Aktion der Potsdamer Linke-Kreischef Sascha Krämer. „Es war ein eindrucksvolles Symbol, das hoffentlich zum Nachdenken über die Rolle von Gewalt in der internationalen Politik anregt“, sagte er den PNN.
„Friedenskoordination Potsdam“ trifft sich ebenfalls am 1. September
Die Linke ruft selbst zu einer Aktion am Tag des OSZE-Treffens, der auch Weltfriedenstag ist, auf. Traditionell trifft sich die „Friedenskoordination Potsdam“ – dem Bündnis gehören neben der Linkspartei mehrere altlinke Initiativen an – am 1. September am Platz der Einheit. Erwartet wird dort auch die Potsdamer Landtagsabgeordnete Anita Tack (Linke). „Krieg und Gewalt dürfen nicht mehr länger Mittel der Politik sein“, bekräftigte Krämer den Aufruf der „Friedenskoordination“.
Für die Sicherheitsbehörden steht mit dem OSZE-Treffen der nächste Großeinsatz bevor. Seit Wochen bereiten sich die Sicherheitskräfte des Bundes und die Polizei in Brandenburg auf das eintägige Treffen vor. Im gesamten Stadtgebiet ist mit massiven Verkehrseinschränkungen zu rechnen. Weiter unklar war am gestrigen Montag, ob auch US-Außenminister John Kerry zu dem OSZE-Treffen kommt. Das würde den Aufwand für die hiesigen Einsatzkräfte nochmals deutlich erhöhen. Denn die US-Amerikaner fordern in der Regel deutlich schärfere Maßnahmen, bei denen auf die Folgen für die Stadt und ihre Bewohner wenig Rücksicht genommen wird. Dann ist auch mit Scharfschützen auf den Dächern zu rechnen.
Ausschreitungen beim OSZE-Treffen in Basel
Ein zusätzliches Gefahrenpotenzial dürften die für den Vortag angekündigten Proteste linksradikaler Gruppen bergen, denn es ist nicht ausgeschlossen, dass einige Außenminister schon am Vorabend anreisen. Zwar rechnen die Organisatoren der Demonstration mit nur 100 Teilnehmern. Man wolle aber an die Proteste in Basel anknüpfen, sagte Sprecher Dach. Bei dem OSZE-Treffen vor zwei Jahren in der Schweizer Großstadt war es auch zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen. Polizeibeamte wurden mit Flaschen beworfen, brennende Abfall-Container gegen sie geschoben. Die Polizei setzte Gummischrot ein.
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