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Stark nachgefragt. An der Universität Potsdam wurden aufgrund der hohen Bewerberzahlen für dieses Jahr 91 zusätzliche Studienplätze geschaffen.

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Homepage: Lotteriespiel für die Verwaltung

Bewerberansturm an der Potsdamer Uni wegen doppelter Abiturjahrgänge und Mehrfachbewerbungen

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An der Universität Potsdam sind für das kommende Wintersemester so viele Bewerbungen eingegangen wie noch nie zuvor. 62 510 Onlineanträge für zulassungspflichtige Fächer sind im Bewerbungsportal bis Mitte August registriert worden. Im Jahr davor waren es lediglich 51 800. In diesen Tagen werden die Zulassungsbescheide für das kommende Semester 2012 / 2013 verschickt. Droht Brandenburgs größte Hochschule ab Oktober also vollzulaufen? Davon geht die Potsdamer Uni-Leitung nicht aus. Hier sieht man den Bewerberansturm eher gelassen. „Die Lage hat sich gegenüber dem Vorjahr nicht dramatisch verändert“, lautet die Einschätzung des Vizepräsidenten für Studium und Lehre, Andreas Musil. Die doppelten Abiturjahrgänge, die ein Grund für den Bewerberansturm sein dürften, würden mit dem Geburtenrückgang der Wendezeit zusammenfallen. „Wir werden nicht völlig überrannt“, so Musil.

Neben den derzeit an die Hochschulen drängenden Bewerbern der doppelten Abiturjahrgänge geht man in Brandenburgs Wissenschaftsministerium allerdings auch davon aus, dass die zunehmende Anzahl von Doppelbewerbungen bei den steigenden Zahlen eine Rolle spielt. Für die Uni Potsdam sind die Mehrfachbewerbungen problematisch. Die Hochschule wisse nicht, wie viele der Bewerber tatsächlich hier ein Studium aufnehmen wollen. Viele Anfänger bewerben sich an mehreren Hochschulen gleichzeitig, um dann das für sie beste Angebot anzunehmen. Daher müsse die Hochschulverwaltung die Studienplatzzahlen überbuchen. „Das ist jedes Jahr aufs Neue ein Lotteriespiel für unsere Verwaltung“, so Musil. In den vergangenen Jahren habe man so die Plätze ausreichend füllen können, ohne signifikante Überbelastung, wie es sie etwa 2011 in Berlin gab.

Berlin hat sich nun auf den Ansturm gerüstet. 50 Prozent mehr Bewerber als noch 2010 drängen an die Hochschulen. Die Berliner Senatsverwaltung hat reagiert und für das kommende Semester 800 zusätzliche Studienplätze geschaffen. In Brandenburg hat das Wissenschaftsministerium ein zusätzliches Sechs-Millionen-Programm für drei Jahre aufgelegt, um insbesondere in den NC-Studiengängen weitere Studienplatzkapazität aufzubauen. Zudem verwies ein Sprecher des Ministeriums darauf, dass in der Vereinbarung zur Umsetzung des Hochschulpakts 2020 für die Jahre 2011 bis 2015 mit den Hochschulen verabredet wurde, dass die Hochschulpaktmittel zielgerichtet zur Abfederung von Nachfragespitzen eingesetzt werden sollen.

Die Uni Potsdam hat als Reaktion auf die aktuell hohe Nachfrage im Rahmen des Sechs-Millionen-Programms des Landes 91 zusätzliche Studienplätze für 2012 geschaffen. Daneben gibt es laut Musil noch zusätzliche Studienkapazitäten für das Lehramt aus Hochschulpaktmitteln. Allerdings sei dies keine Reaktion auf die aktuelle Nachfrage, sondern eine Maßnahme für eine längerfristige Absicherung der Bildungswissenschaften. Für den Fall, dass Fakultäten wider Erwarten doch mit Studienanfängern volllaufen sollten, verfüge die Uni zudem in überschaubarer Höhe über Zusatzmittel.

Zumindest bei den Potsdamer Juristen könnten diese Mittel in diesem Jahr nötig werden. Andreas Musil, selbst Jura-Professor an der Juristischen Fakultät, verwies auf das extrem gute Annahmeverhalten im Bereich Jura. Hier habe es 45 Prozent mehr Bewerber gegeben als im Vorjahr. Die Fakultät soll nach einem Vorschlag einer Landeskommission nach Frankfurt (Oder) verlegt werden. Vize-Präsident Musil zeigte sich erleichtert, dass die öffentliche Diskussion um die Zukunft der Fakultät nicht zu einem Rückgang der Studieninteressierten geführt habe. Im Gegenteil: „Die Nachfrage übertrifft sogar unsere Erwartungen.“ Uni-Präsident Oliver Günther hatte die guten Zahlen zum Anlass genommen, ein mögliches Ende der Juristenausbildung in Potsdam abzulehnen. „Dies ist ein erfreulich deutliches Zeichen, das für eine Weiterführung der rechtswissenschaftlichen Studiengänge der Universität Potsdam spricht“, sagte er.

Grundsätzlich geht man an der Potsdamer Uni für die nächsten Jahre trotz geburtenschwacher Jahrgänge nicht von einem Rückgang der Bewerberzahlen aus. Vor dem Hintergrund der Berechnungen der Kultusministerkonferenz erwartet man sogar einen Anstieg der Nachfrage. „Die steigende Anziehungskraft von Berlin ist auch in Potsdam stark zu spüren“, sagte Musil. Der Rückgang von Abiturienten durch den demografischen Wandel werde an Brandenburger Hochschulen ausgeglichen durch Studierwillige aus anderen Bundesländern und dem Ausland.

In den vergangenen Jahren steigerten sich an der Potsdamer Uni bei zulassungsbeschränkten Studiengängen der Anteil der Bewerberzahlen aus den alten Bundesländern. Waren es zum Wintersemester 2009/10 noch rund 25 Prozent, so sind es in diesem Jahr 42 Prozent aller Interessenten. Der Anteil der Berliner blieb konstant (34 Prozent). Die Bewerberzahlen aus Brandenburg und den neuen Ländern gingen im Vergleich dazu zwar prozentual zurück. Insgesamt bewarben sich aber auch aus der Region mehr Abiturienten als zuvor. Immer beliebter wird die Potsdamer Uni bei Abiturienten aus Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen.

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