
© A. Klaer
Landeshauptstadt: Luise, Leckereien und Leierkästen
Königin der Herzen hatte Besuch aus Bad Pyrmont. In der Alexandrowka herrschte Beschaulichkeit
Stand:
Den Hofknicks muss die Leierkastenfrau Jubel-Jette alias Christa Hohnhäuser noch üben, ansonsten aber gefielen ihre Honneurs den königlichen Hoheiten sehr. Ganz gleich, ob die Herrschaften gerade aus Bad Pyrmont kamen, wie Werders Blütenkönigin aus der Umgebung Potsdams oder wie Königin Luise nebst Gemahl Friedrich Wilhelm III. direkt vom preußischen Hofe, man witzelte gern mit dem Volke und wippte zur Drehorgelmusik auf den Schuhspitzen. Da es bereits Anfang des 18. Jahrhunderts erste Drehorgeln gab, hätte die lebenslustige Luise das Instrument durchaus kennen können. Als es am Samstag und Sonntag hieß „Luise, mein Schatz, komm uff’n Luisenplatz“, verstanden sich Jubel-Jette in Spitzenhose und weißem Kleid und die in fließendem Empire-Stil gewandete Luise wunderbar.
Die Pyrmonter kamen auf Einladung von Barbara Schubert, die in diesem Jahr das bereits 3. Luisenfest organisiert hat, nach Potsdam. Des vielen gesunden Wassers offenbar überdrüssig, lechzte zum Beispiel Zar Alexander I. nach schärferen Essenzen und hoffte in Potsdam auf das „Wässerchen“ Wodka. Friedrich II. fand das Pyrmonter Heilwasser dagegen sehr gesundheitsfördernd. Er soll bei seinen Kuren 30 Glas Brunnen am Tag getrunken haben. Die Pyrmonter reisten mit einer 40-köpfigen Gruppe in Potsdam an und die meisten trugen prächtige historische Kostüme. Auch Königin Emma der Niederlande gehörte dazu und plauderte höchst interessant aus dem adligen Nähkästchen. Danach wurde zu Ehren der Potsdamer noch ein höfischer Tanz auf dem etwas holprigen Pflaster zelebriert und dann ging es im Defilee vorbei an Brandenburger und Nauener Tor durch die Straßen der Innenstadt. Königin Luise konnte dabei gleich zweimal bewundert werden, denn auch die Pyrmonter hatten eine mitgebracht, da sich Luise mehrfach im Kurbad aufhielt. Beim Pyrmonter „Fürstentreff“ wird Jahr für Jahr gezeigt, welche Honorationen in den Stadtmauern weilten. Im nächsten Jahr sind auch die Potsdamer dazu eingeladen.
Da alle Mädchen und Frauen, die den Namen der Königin tragen, zum Potsdamer Fest eingeladen worden waren, wimmelte es auf dem Luisenplatz schließlich nur so von Luisen. 21 stellten sich dem Fotografen zum Gruppenfoto. Auch der Tortenwettbewerb wurde ein voller Erfolg. Die Jury konnte zehn Torten mit Luises Lieblingsgeschmack Himbeer/Vanille/Schokolade begutachten, kosten und zum Verkauf freigeben. Der Siegerpreis wurde dreigeteilt. Das eingenommene Geld geht an die Telefonseelsorge. Das Gardegrenadierregiment Nr. 6 Prinz Heinrich schien allerdings ob des strahlenden Sonnenscheins am Sonntag etwas konfus. Denn auf das Kommando „Präsentiert das Gewehr“ wurde der Säbel gezogen und mit dem dann auch salutiert. Die Gewehre waren wohl gerade beim Büchsenmacher.
Dafür hatte Jubel-Jette wieder 17 Leierkastenmänner und -frauen mitgebracht und die spielten zumeist auf historischen Instrumenten. Die Walzenorgel von Gela Kinzel ist zum Beispiel schon 102 Jahre alt. „Mein Mann und ich, wir sind noch neu im Verein der Internationalen Drehorgelfreunde Berlin, wir machen erst sieben Jahre mit“, sagt Gela lachend. Jubel-Jette dreht dagegen schon 25 Jahre die Leier. Sie organisiert auch die Treffs. Gerade waren 140 Drehorgelspieler aus ganz Europa in Berlin.
Das 6. Fest in der Russischen Kolonie Alexandrowka, zu dem in den Vorjahren Luise und Friedrich Wilhelm III. hinkutschiert waren, fiel diesmal ruhig und eher beschaulich aus. Einige Hofbesitzer hatten es anders als in den Vorjahren privat ausgerichtet und ihren Gartenbereich geöffnet. Allen voran Anne und Lutz Andres, die wieder durch ihr Haus führten. Auch Catharina Schüßler und Michael Sämann luden zu Musik, Dichterlesung, Ausstellung und Gaumengenuss ein. Da die Organisatorin der vergangenen Feste, Meike Mieke, jetzt als Pressesprecherin einer Ärztegesellschaft voll beansprucht ist, wurden diesmal keine Fördermittel beantragt und kein Großevent mit Bühnen und Ständen organisiert. Viele Gäste bedauerten das, andere aber genossen die entspannte Stimmung. Hella Dittfeld
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