zum Hauptinhalt
Politiker und Bürger legten gestern an der Skulptur Das Opfer von Wieland Förster Blumen und Kränze nieder.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Mahnung am authentischen Ort Gedenken in der Lindenstraße 54: Vor 66 Jahren befreite die Rote Armee das KZ Auschwitz

Innenstadt - Es entstand eine Situation, „die war emotional kaum zu bewältigen“, berichtete Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gestern bei einer Gedenkfeier an der Stele „Das Opfer“ im Innenhof der Lindenstraße 54 . Anlass war der 66.

Stand:

Innenstadt - Es entstand eine Situation, „die war emotional kaum zu bewältigen“, berichtete Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gestern bei einer Gedenkfeier an der Stele „Das Opfer“ im Innenhof der Lindenstraße 54 . Anlass war der 66. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. 2009 hatte Jakobs zusammen mit Potsdamer Schülern, die im Rahmen des Stolperstein-Projekts Gunter Demnigs Schicksale Potsdamer Juden erforschten, die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Israel besucht. Der Raum für die ermordeten Kinder war völlig dunkel, erinnert sich Jakobs, lediglich erhellt durch eine Kerze; endlos wurden die Namen der getöteten Kinder verlesen, Name folgte auf Name, lange Zeit. „Deportation und Tod“, so Jakobs, „gab es auch in Potsdam“. Durch das Stolperstein-Projekt erhielten die Potsdamer Opfer ihre Namen zurück.

Brandenburgs Kulturministerin Martina Münch zitierte die These des Holocaust-Überlebenden Elie Wiesel, wonach „nach Auschwitz nichts mehr so ist wie es war“. Die Ministerin erklärte, als Sowjetarmisten am 27. Januar 1945 das Lager Auschwitz befreiten, trafen sie auf wenige tausend Überlebende, fanden aber „Millionen von Kleidungsstücken“. Der Holocaust habe zu „Traumatisierungen bis in die nächsten Generationen hinein geführt“. Die Ministerin nannte die Namen weiterer Stätten des Genozids an den Juden: Majdanek, Sobibór, Treblinka Die Verantwortung für die Shoah „gehört zur deutschen Identität“, so die Ministerin.

Explizit ging die Ministerin auf den Ort Lindenstraße 54 ein. In dem Gefängnis saßen Häftlinge wie Dr. Theodor Neubauer oder Werner Seelenbinder ein, die vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und in Brandenburg (Havel) hingerichtet wurden. In der Lindenstraße 54 tagte auch das Erbgesundheitsgericht, dass vermeintlich Kranke zur Zwangssterilisation verurteilte. „Ohne authentische Orte hat Gedenken kein Bestand“, sagte die Ministerin.

Der Vorsitzende der Fördergemeinschaft Lindenstraße 54 erinnerte an den 20. Januar 1942, als in Berlin-Wannsee „die fürchterlichen Absprachen über die systematische Vernichtung der Juden getroffen wurden“. Auschwitz wurde zum schrecklichen Symbol des organisierten Völkermords, so Ladner. Das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau war das größte deutsche Vernichtungslager während der Zeit des Nationalsozialismus. Von mehr als 5,6 Millionen ermordeten Menschen wurden etwa 1,1 Millionen Menschen, darunter eine Million Juden in Auschwitz ermordet. Ladner erklärte in Anwesenheit von Schülern des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums aus Eberswalde, stilles Gedenken sei nicht genug; vielmehr müsse jeder seine Stimme gegen menschenverachtendes Denken und Handeln erheben.

Der Chef des Fördervereins ging ferner auf die Debatte um die durch den Denkmalschutz entfernten Gitter an der Außenfassade der Lindenstraße 54 ein. Das Haus, zu DDR-Zeiten Stasi-Untersuchungsgefängnis, dürfe „äußerlich nicht zu einem Barockpalais werden“. Ladner: „Die Gitter müssen wieder ran.“ Oberbürgermeister Jakobs pflichtete dem auf PNN-Anfrage bei: „Die Gitter sind notwendig, um die ehemalige Funktion des Hauses zu verdeutlichen.“ Guido Berg

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })