Landeshauptstadt: „Man bleibt allein zurück“
Potsdamerin Berta Noeske feierte am Freitag ihren 100. Geburtstag
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Ein kleines Dorf in der Altmark, heute Sachsen-Anhalt, eine Großfamilie und eine ertragreiche Gastwirtschaft: Dort ist Berta Noeske, geborene Kohl, aufgewachsen, bevor sie sich nach Potsdam aufmachte. Von ihren Eltern wurde sie zu einer Hauswirtschafts-Ausbildung in die damalige Residenzstadt geschickt, die sie im Luisenhaus absolvierte. In dessen Nachfolge-Einrichtung, dem evangelischen Seniorenzentrum „Emmaus-Haus“, hat Berta Noeske am gestrigen Freitag ihren 100. Geburtstag gefeiert.
Neben Noeske leben noch zwei weitere Damen jenseits der Hundert im Emmaus-Haus. Noeske wohnt seit 1992 in dem Pflegeheim, ihre Betreuerin Ulrike Klein scheint sie gut zu kennen: „Sie hat eher eine herbe Persönlichkeit.“ Das erklärt sich die ehrenamtliche Mitarbeiterin mit der harten Arbeit, die Noeske in der Gastwirtschaft ihrer Eltern verrichten musste. Nach ihrer Ausbildung kehrte sie in die Altmark zurück, da ihre Mutter erkrankte, und musste dort aushelfen. In den 1930er Jahren siedelte Noeske endgültig nach Potsdam um, sie lebte bei einer Tante, welche sie an einen Tischler „verkuppelte“, wie es von einer anderen Pflegerin heißt.
Doch den großen Teil ihres Lebens verbrachte Noeske allein: Immer wieder betont sie, dass sie „schuldlos“ von ihrem Ehemann geschieden wurde. Sie könne Männer nicht leiden. Nach der Scheidung lebte Noeske vom Erbe ihrer Eltern und einigen Gelegenheitsjobs, so habe sie im Thalia-Kino als „Kartenabreißerin“ gearbeitet.
Nachdem ihre Tante gestorben war, lebte Berta Noeske mit deren Tochter zusammen. Diese litt unter dem Down-Syndrom, Noeske kümmerte sich um sie.
Heute hat Noeske nur noch wenige Angehörige. „Man bleibt allein zurück“, wenn man so alt wie Noeske wird, meint ihre Betreuerin. Doch zur Geburtstagsfeier ist sie am Nachmittag von einer Freundin besucht worden, die sie schon während ihrer Ausbildung im Luisenhaus kennenlernte.
Die Aufregung wegen „des großen Ereignisses“, die ihre Pflegerinnen prognostizieren, merkt man der alten Dame nicht an. Abgeklärt und zufrieden wirkt sie, wie sie neben einem großen Blumenstrauß und einer noch größeren Geburtstagstorte sitzt. Zum Anstoßen trinkt sie Multivitaminsaft. Auf einen gesunden Lebensstil habe Noeske immer geachtet, heißt es von einer Pflegerin. Sie wäre stolz auf ihre schlanke Figur und verteile Ratschläge aus den Gesundheitsbüchern, die sie regelmäßig liest. Trotzdem beschäftigt sich die Jubilarin auch mit einem ernsteren Thema. „Im Moment redet sie viel von ihrer alten Heimat“, so Ulrike Klein. Berta Noeske habe den Wunsch geäußert, in dem kleinen Dorf in der Altmark beerdigt zu werden. Vera Krellmann
Vera Krellmann
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