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Modellbau. Michael Jungclaus und Cornelia Behm in der Versuchsanstalt.

©  dpa

Landeshauptstadt: Marquardt und das Meer

Die Schiffsbau-Versuchsanstalt erforscht Hochseeschiffe. Die Binnenschifffahrt sieht ihr Chef skeptisch

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Marquardt – Göteborg, Trondheim, Wageningen in den Niederlanden – dort sind die Konkurrenten der Potsdamer Schiffsbau-Versuchsanstalt. „Verglichen mit denen sind wir Zwerge“, so Manfred Mehmel, Geschäftsführer der privaten Forschungseinrichtung am Sacrow-Paretzer Kanal. Dennoch sieht er optimistisch in die Zukunft. Derzeit sind in Marquardt etwa 50 Mitarbeiter beschäftigt. Die Aufträge kommen von Reedereien, Werften, Ingenieursbüros und vom Bundesministerium für Verkehr.

Am gestrigen Montag waren die Grünen-Bundestagsabgeordneten Cornelia Behm und Valerie Vilms sowie der Landtagsabgeordnete Michael Jungclaus zu Besuch. Sie waren an Mehmels Fachmeinung zur Zukunft der Binnenschifffahrt interessiert – und da war er pessimistisch: Solange die Preise niedrig seien, lohne sich der Transport auf den Wasserstraßen kaum. Außerdem sei die Infrastruktur unzureichend. „Beispielsweise lohnt sich der Containertransport nur, wenn sie in zwei Lagen auf den Binnenschiffen gestapelt werden“, so Mehmel. Dafür aber seien hierzulande die meisten Brücken zu niedrig. An der Oder seien in den letzten 30 Jahren die Unterhaltungsmaßnahmen vernachlässigt worden und auf der Elbe sei der Wasserstand nicht dauerhaft hoch genug.

Schlechte Nachrichten für die Grünen-Abgeordneten, denn ihre Partei ist zwar nicht gegen die Binnenschifffahrt, lehnt einen Ausbau der Wasserstraßen aber ab. Die damit einhergehende Umweltzerstörung stehe in keinem Verhältnis zum Nutzen. Viel Geld sei etwa für den Ausbau des Wasserstraßenkreuzes bei Magdeburg ausgegeben worden, so Vilms: „Heute fahren dort im Schnitt täglich sieben Schiffe.“ Die Grünen hätten es gern eine Nummer kleiner: Güter könnten auf kleinere Schiffe umgeladen und so auch auf den Flüssen und Kanälen in der Region transportiert werden, so die Vorstellung der brandenburgischen Bundestagsabgeordneten Cornelia Behm. Dazu sollen Binnenschiffe mit geringerem Tiefgang die Gewässer zwischen Elbe und Oder befahren. Mehmel sieht dafür wenig Chancen: Für die Schifffahrt sei der Rhein der Maßstab. Die ausgebaute Schifffahrtsstraße kann von großen Schubverbänden benutzt werden. Das lohne sich für die selbstständigen Schiffseigner. Eine zusätzliche Flotte mit kleineren Schiffen verursache Kosten, außerdem gehe beim Umladen Zeit verloren.

Die Schiffe werden weiterhin Propeller haben, die von Motoren mit flüssigem Treibstoff angetrieben werden, erwartet Mehmel. Das sei am wirksamsten. Die Schiffsbau-Versuchsanstalt forscht intensiv an Antrieben – allerdings geht es dabei hauptsächlich um Hochseeschiffe. Dazu gibt es in Marquardt verschiedene Messanlagen. Außerdem verfügt die Versuchsanstalt über eine 280 Meter lange Schlepprinne, in der verschiedene Schiffsmodelle getestet werden können. Der Standort weitab vom Meer sei deswegen auch kein Nachteil, so Mehmel. Kunden kämen gern in die Region. Und mit dem neuen Flughafen verbessere sich die Verkehrsanbindung. Wichtig für den Bestand der Forschungseinrichtung sei vielmehr Kontinuität bei den Forschungsgeldern. Da gebe es nach jeder Wahl Verzögerungen. Marco Zschieck

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