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Martin Schmidt-Roßleben.

© privat

Querdenker für Potsdams Kultur: Martin Schmidt-Roßleben verstorben

Zwei Tage vor seinem 60. Geburtstag ist Martin Schmidt-Roßleben unerwartet gestorben. Als Kulturamtsleiter nahm er großen Einfluss auf Potsdams Kultur - und machte sich dabei aber nicht nur Freunde.

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Potsdam - Im Sommer wollte er seine Freunde um sich haben, irgendwo am Wasser, am Wald, mitten in der Natur. Sein 60. Geburtstag am 20. Januar sollte nachgefeiert werden. Die Party wird nun nicht mehr stattfinden. Martin Schmidt-Roßleben ist zwei Tage vor seinem Geburtstag während eines Urlaubs auf den Kapverdischen Inseln unerwartet gestorben. Obwohl er seit einigen Jahren nicht mehr in Potsdam lebte, blieb er der Stadt verbunden. Er hatte für ihre Kultur viel Herzblut gegeben. Die Erinnerungen an Martin Schmidt-Roßleben sind alles andere als ein vergilbtes Fotoalbum. Sie sind frisch, weil sie mit Prägungen, Werten, Erfahrungen und Hoffnungen verbunden sind.

Einfluss auf Potsdams Kultur

Nach dem Kunstgeschichts- und Germanistikstudium an der Universität Bonn leitete er dort erfolgreich ein soziokulturelles Zentrum. Im Jahre 1991 kam er aus der damaligen Bundeshauptstadt in die damals noch graue Stadt an der Havel. Beim großen Neuanfang nach der Wende wollte Martin Schmidt-Roßleben dabei sein, dem kulturellen Leben neue Impulse geben. Als Kulturamtsleiter im Rathaus konnte er Einfluss nehmen auf die Kultur Potsdams.

Er hat seine Arbeit mit Engagement und Fantasie ausgefüllt, sich dabei nicht immer Freunde gemacht. Es gab Künstler und Ex-Funktionäre, die ihre Vorstellung von „DDR-Identität“ vor dem Ansturm der westlichen Konsumgesellschaft retten wollten. Aber Martin Schmidt-Roßleben hat zugehört, hingeschaut, versucht, Dinge zu begreifen, mit denen sich jahrzehntelang die Künstler Ostdeutschlands herumzuschlagen hatten. Ihm war es wichtig, die positiven Aspekte, die es vor der politischen Wende in Kunst und Kultur gab, zu bewahren.

Viele Verdienste des Querdenkers

Als Kulturamtsleiter schob er manches an. Wichtiges ist auch durch sein engagiertes Handeln angestoßen worden: der Bau des Nikolaisaals, die Etablierung der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci, die Gründung der Kammerakademie Potsdam und vor allem der Ausbau des Industriegebietes in der Schiffbauergasse zu einem viel besuchten Kulturstandort mit der bunten Mischung von Einrichtungen: Das Hans Otto Theater, das Waschhaus, die fabrik oder das Fluxus Museum sind am Tiefen See versammelt und gestalten das kulturelle Leben der Stadt an vorderer Stelle mit. Für diesen Standort konnte er zehn Millionen Euro Fördermittel von der EU, vom Land und von der Kommune „eintreiben“.

Martin Schmidt-Roßleben war eigenwillig und unbequem – ein Querdenker. Das fand nicht bei jedem leitenden Mitarbeiter in der Stadtverwaltung Beifall. 2001 hielt man für ihn einen neuen Job bereit: Er wurde Beauftragter für den Integrierten Kultur- und Gewerbestandort Schiffbauergasse; eine Tätigkeit, bei der er von den Stadtpolitikern kaum unterstützt wurde. Doch Martin Schmidt-Roßleben wollte die Frustration nicht zur Starre werden lassen. Er verabschiedete sich acht Jahre später von Potsdam, nahm in Berlin Neues in Angriff.

In Potsdam hat er die Aufbruchsjahre nach 1990 in Sachen Kultur entscheidend mitgeprägt. Damit wird Martin Schmidt-Roßleben in guter Erinnerung bleiben.

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