Von Kay Grimmer: Massen auf der Glienicker Brücke: „Wie vor 20 Jahren“ Tausende feiern den 20. Jahrestag der Öffnung der Glienicker Brücke
„Wie vor 20 Jahren!“ sind die meistzitierten Worte gestern Abend im Gedrängel auf der Glienicker Brücke.
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„Wie vor 20 Jahren!“ sind die meistzitierten Worte gestern Abend im Gedrängel auf der Glienicker Brücke. Auf die hatte die Brandenburger Landesregierung und die Stadt Potsdam eingeladen, um den 20. Jahrestag der Öffnung der Glienicker Brücke zu feiern. Tausende aus Potsdam und Berlin folgten der Einladung.
Am 10. November 1989 gingen am Alliierten-Übergang zwischen Potsdam und Berlin ab 18 Uhr auch für alle anderen die Schlagbäume hoch. Steffen Rüsike und seine Frau Petra waren die zweiten überhaupt, die mit ihrem blauen Trabant über die Grenze ins damalige West-Berlin fuhren. „Es war unbeschreiblich, ein Gefühl zwischen großer Neugierde, Ungläubig- und Fassungslosigkeit“, fasste es Steffen Rüsike zusammen. Als sie am Nachmittag des 10.November 1989 gehört hatten, dass am Abend auch die Glienicker Brücke geöffnet werden sollte, „sind wir sofort dorthin gefahren“. Petra Rüsike erinnert sich: „Wir fuhren durch einen Tunnel durch Menschen, die auf unser Auto geklopft haben.“ Diese Bilder zeigt auch die 30 Quadratmeter große Videoleinwand, die die Geschichte der gestern blau angestrahlten Brücke erzählt und auch die Wiedervereinigung nicht ausspart. Auch der blaue Trabant der Rüsikes ist zu sehen. Die feiern 20 Jahre nach ihrer ersten Fahrt nach West-Berlin mit einem Glas Sekt die Erinnerungen. Abertausende tun es ihnen gleich. Alle haben mit dem Ansturm gerechnet, auch die Veranstalter um die Agentur Wohltat, die das Fest mit dem mehr als zweistündigen Programm mit Musik aus Russland und Amerika und Theaterperformances ausrichten. Nur die Potsdamer Verkehrsbetriebe scheinen nicht mit dem Ansturm gerechnet zu haben. Die Straßenbahnen Richtung Glienicker Brücke fahren wie üblich nur im 20-Minuten-Takt und sind hoffnungslos überfüllt – nicht alle Feiergäste kommen mit. Auch das ist wie 1989, erinnern sich Tram-Passagiere.
Das Gedrängel rund um die Glienicker Brücke erinnert auch den Ehrenamtler des Deutschen Roten Kreuzes, Bernd Anders an die Stunden im Jahr 1989. Der Zehlendorfer war mit 20 West-Berlinern DRK-Kameraden vor Ort, um erste Hilfe zu leisten. „Viele sind damals umgekippt“, erinnert er sich. Trotz der Arbeit „war bei mir große Freude, denn schließlich kam auch ich als Berliner nicht über die Brücke.“
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit und auch Brandenburgs Landtagspräsident Gunter Fritsch (beide SPD) erinnerten in ihren Ansprachen an die bewegenden Zeiten vor 20 Jahren. Ebenfalls beim Brückenfest zugegen waren Vertreter der polnischen und der amerikanischen Botschaft. Auch Brandenburgs Finanzminister Helmuth Markov (Linke), stand auf der Bühne. „Ein deprimierendes Gefühl, einen SED-Genossen dort zu sehen“, erklärte die Bürgerbündnis-Stadtverordnete Ute Bankwitz, die während der Wende in der Opposition tätig war. Auch andere Potsdamer protestierten gestern an der Glienicker Brücke gegen die aktuelle Politik in Brandenburg. „Eigentlich ist der 10. November ein Feiertag, aber die jetzige Landespolitik lässt mich nicht feiern", erklärt Torsten Kalweit, der mit 15 Mitstreitern gegen die rot-rote Regierung protestiert, während das Gros der Feiernden das Abschlussfeuerwerk bejubelte.
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