zum Hauptinhalt

Nach Protesten für East-Side-Galery: Mauerdebatte auch in Potsdam

Der Forum-Verein und Mitorganisatoren der Berliner East-Side-Gallery-Proteste fordern eine bessere Gedenkkultur. In Potsdam gibt es nur noch an zwei Orten Reste der so genannten Hinterlandmauer.

Von Peer Straube

Stand:

Die geplante Umsetzung der Berliner East Side Gallery hat auch in Potsdam eine neue Debatte über den Umgang mit den hiesigen Mauerresten ausgelöst. Zwei gibt es noch: in der Babelsberger Stubenrauchstraße und in Groß Glienicke. Reste der sogenannten Hinterlandmauer in der Bertinistraße waren wie berichtet im Zuge der Straßensanierung eingelagert worden, vor der Villa Schöningen an der Glienicker Brücke steht ein Mauersegment, das allerdings aus Berlin stammt und vom Eigentümer, Springer-Vorstand Mathias Döpfner, für das Museum zur Deutschen Teilung angekauft wurde. Darüber hinaus gibt es mindestens zwei weitere private Mauerreste.

Manfred Kruczek vom Forum-Verein, der sich kritisch mit der DDR-Geschichte auseinandersetzt, forderte am Montag erneut, die Potsdamer Mauergedenkstätten im Stadtbild besser kenntlich zu machen. Bei den Mauerresten in Groß Glienicke etwa fehle jeder Hinweis auf die Geschichte des Ortes, sagte Kruczek den PNN. Zugleich beklagte er einen Mangel im öffentlichen Bewusstsein für die Bedeutung der Gedenkstätten. „Ich hätte mir in Potsdam auch so viel Interesse für den Erhalt der Mauerreste wie in Berlin gewünscht.“ Wie berichtet hatten am Sonntag rund 6000 Menschen gegen die Umsetzung von Teilen der East Side Gallery demonstriert und eine Bebauung des Berliner Spreeufers demonstriert.

Mitorganisator der Proteste war die Berliner Club Commission, ein Zusammenschluss von Berliner Klub-, Party- und Kulturereignisveranstaltern. Deren Mitgründer, Marc Wohlrabe, wohnt seit eineinhalb Jahren in Potsdam und ist mit der Präsenz der Gedenkstätten der Deutschen Teilung in der Landeshauptstadt ebenfalls nicht zufrieden. „Ich weiß bis heute nicht, wo es in Potsdam noch Mauerreste gibt“, sagte er den PNN. Besonders unglücklich ist Wohlrabe über den Mangel an Hinweisen am Potsdamer Symbol für den Grenzverlauf schlechthin – der Glienicker Brücke. „Ich dachte schon, dass die Geschichte des Ortes etwas stärker akzentuiert wird als nur mit einer Bronzeplatte“, so Wohlrabe. Frage man ausländische Touristen nach Orten der Teilung rund um Berlin, fiele allen zuerst die Glienicker Brücke ein. „Wenn die Stadt einen zentralen Ort für das Mauergedenken etablieren will, dann wäre es dieser“, meint Wohlrabe.

Zumindest für die 2010 über Nacht verschwundene Gedenkstele an der Brücke will die Stadt nun Ersatz schaffen. Dafür würden Spender gesucht, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow auf Anfrage. Gleiches gelte für die Stele am Bahnhof Griebnitzsee, von der es im letzten Herbst noch hieß, sie sei ebenfalls verschwunden und die die Verwaltung nun im eigenen Bestand wiederentdeckt hat. Nötig sei jeweils eine vierstellige Summe.

Von einer Umsetzung wie in Berlin sind Potsdams authentische Mauerreste in Babelsberg und in Groß Glienicke nicht bedroht. Beide stehen unter Denkmalschutz. Gleiches gilt für den erhaltenen ehemaligen Grenzwachtturm in der Bertinistraße, an dem die Stadt einen Uferweg vorbeiführen und den sie perspektivisch der Öffentlichkeit zugänglich machen will. Die Mauergedenkstätte in der Stubenrauchstraße, deren Erhalt maßgeblich Kruczeks Forum-Verein zu verdanken ist, steht in diesem Jahr besonders im Fokus: Die Langstreckenlauf-Gemeinschaft Mauerweg Berlin e.V. (LGM) werde bei ihrem 100-Meilen-Lauf entlang des Mauerverlaufs am 17. August auch am Griebnitzsee Station machen, sagte Kruczek. Obwohl dies für die rund 250 Läufer einen Umweg bedeute, soll in der Stubenrauchstraße ein Verpflegungsstützpunkt eingerichtet werden, der vom Forum-Verein und dem Verein „Griebnitzsee für alle“ betreut werde. Die LGM will mit dem Lauf an die Todesopfer der DDR-Grenze erinnern.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })